VÖ: 07.06.2019
Label: Warp
Genre: Electronica / Experimental
Ich hatte es bereits im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Flying Lotus-Albums erwähnt, dass ein neues Werk der beiden Jungs von Plaid auf dem Warp-Label angekündigt wurde. Jetzt konnte ich mir Polymer ein paar Mal anhören. Es stellt sich für mich in diesem Kontext die Frage, wie relevant die Musik von Andy Turner und Ed Handley im Jahr 2019 noch ist. Eines ist auf jeden Fall klar, sie haben schon zu Anfangszeiten von Warp das Label entscheidend mitgeprägt, Kenner werden sicherlich die verschiedenen Pseudonyme kennen, unter denen sie seit Ende der 1980er Jahre – und somit auch seit Gründung der Plattenfirma – musiziert haben. Es gibt ein grandioses, dort 1993 veröffentlichtes Album mit dem Titel Bytes, auf denen zumindest einige von ihnen versammelt sind. Als Interpret ist Black Dog Productions angegeben, doch auf der Tracklist sind weitere Artists zu sehen: u.a. Balil, Xeper, I.A.O. und Discordian Popes, aber eben auch schon damals Plaid. Man sollte wissen, dass Turner und Handley zusammen mit Ken Downie zu dieser Zeit vor allem als The Black Dog für Furore sorgten. Die beiden Erstgenannten machten dann aber später als Plaid weiter und haben seither einige wirklich großartige Werke geschaffen, unter anderem Not For Threes (1997, u.a. mit Björk als Gast), Rest Proof Clockwork (1999) oder Double Figure (2001), nicht zu vergessen die mir sehr imponierende Compilation Trainer (2000). Der große John Peel hat sie bestimmt nicht ohne Grund zu seinen Sessions eingeladen! Meinem Empfinden nach waren hier im Vergleich zu Black Dog mit Ambient- und Trip-Hop-Elementen doch „ruhigere“ Klänge zu hören, die allerdings in ihrer Gesamtheit nicht weniger vielfältig und kompromisslos erscheinen, „härtere“ Sounds dabei ja auch nicht ausgeklammert wurden. Um auf meine Ausgangsfrage nach der heutigen Relevanz von Plaid zurückzukommen, muss ich vielleicht mal an dem ansetzen, was ich zu Reachy Prints (2014) geschrieben habe. Ich fand das Album damals okay, doch die musikalische Umsetzung auf gesamter Länge irgendwie nicht so richtig wagemutig, trotz einer klanglichen Diversität. Polymer – handelt es sich laut Wikipedia einerseits um einen „(…) chemischen Stoff, der aus Makromolekülen besteht“, andererseits doch als Adjektiv um eine Beschreibung für „aus mehreren, vielen Teilen bestehend (…)“ – bietet ebenfalls dementsprechend unterschiedliche, von experimenteller Elektronik geprägte Sounds. Diese sind im Bandkontext nicht unbedingt neu, erscheinen aber modern und einprägsam. Es gelingt sozusagen eine Gesamtschau, die jetzt im Vergleich zu Reachy Prints allerdings nachhaltiger in Szene gesetzt wird. Das ist nicht revolutionär wie damals vor (fast) 30 Jahren, aber eben zeitgemäß (mit einer ökologischen Botschaft beispielsweise)!
Note: 2,3