Januar 2016

David Bowie – Blackstar

VÖ: 08.01.2016

Label:  Sony

Genre: (Art-)Rock / Experimental (Jazz)

Zu einer Zeit, in der – in unterschiedlichen musikalischen Richtungen – das Produzieren unkonventioneller Klänge wieder häufiger festzustellen ist (man höre ja nur mal die aktuellen Alben von Interpreten wie Kendrick Lamar, Kamasi Washington u.a.) und immer mehr Avantgarde-Künstler sich wachsender öffentlicher Aufmerksamkeit erfreuen (Nils Frahm, Arca, Ben Frost u.a.*) meldet sich der Großmeister – pünktlich zu seinem 69. Geburtstag – mit einem eindrucksvollen Werk zurück und zeigt, dass in Sachen Experimentierfreude weiterhin mit ihm zu rechnen ist. Produziert von Stammproduzent Tony Visconti und unterstützt von ausgezeichneten Musikern (u.a. Donny McCaslin, Ben Monder, James Murphy) bietet David Bowie ein zeitgemäßes Album (trotz toller 80er-Referenzen) mit ausgesprochen vielschichtigen, ausgefeilten Arrangements, mit vielen spontanen Improvisationen und hintergründigen Texten. Herausragend sind dabei die ersten drei Songs (vor allem der Titelsong!). Gut gemacht, David!

*Zu dem Thema gibt es einen schönen informativen Artikel von André Boße im Musikexpress, 01/2016, S. 30 ff.

http://davidbowie.com/blackstar/

 

 

Daughter – Not To Disappear

VÖ: 15.01.2016

Label: 4AD

Genre: Indie-Folk / Dream-Pop

Elena Tonra, die Sängerin des Londoner Trios Daughter, soll in ihrer Kindheit von ihrem Vater ein ganz besonderes Album geschenkt bekommen haben, das sie nicht nur in ihrer Entscheidung bestärkt habe, Musik machen zu wollen, sondern ebenso mit höchst tiefgründigen Themen, vor allem Fragen über Leben und Tod, auseinandersetzen ließ: Grace von Jeff Buckley. Mit ihrer Band hat sie auf diversen EPs und der Debüt-LP If You Leave höchst emotionale Songs umgesetzt, die einen bleibenden Eindruck hinterließen (man kennt bestimmt auch einige Lieder, z.B. Youth, aus Sendungen wie Skins oder Grey’s Anatomy). Die Medien, nicht nur in der Heimat, waren begeistert von Daughter. Nun ist der Zweitling erschienen, auf dem sich die Briten weiterhin mit ausdrucksstarken, im Grundton pessimistischen Themen wie Trauer und Enttäuschung beschäftigen. Musikalisch ist man jedoch noch variabler geworden, zum Ende hin wird es fast schon schwungvoll. Gutes Album einer verheißungsvollen Band!

http://ohdaughter.com/

 

 

Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen – Rüttel mal am Käfig, die Affen sollen was machen!

VÖ: 15.01.2016

Label: Tapete

Genre: Pop / Northern Soul

Superpunk sind leider Geschichte, aber zwei der ehemaligen Mitglieder (Carsten Friedrichs und Tim Jürgens) haben mit neuen Kollegen unter dem wunderbar albernen Bandnamen – und in Anlehnung an den Sean Connery-Streifen – Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen weitergemacht. Musikalisch ähnlich ausgerichtet, also absolut gekonnt experimentierend im Feld zwischen Pop, (Punk-)Rock und  (Northern) Soul, in Kombination mit ausgesprochen humorvollen, hintergründigen Texten, unter Beweis gestellt auf bisher zwei Alben, Jeder auf Erden ist wunderschön (2012) und Alle Ampeln auf Gelb (2014). Auf diesen befanden sich klasse Songs wie Die Gentlemen Spieler, Das Unglück bin ich und natürlich Kennst Du Werner Enke? . Album Nummer Drei – Rüttel mal am Käfig, die Affen sollen was machen! – verfügt über Lieder mit ähnlichem Ohrwurmpotential und bietet darüber hinaus ein paar interessante Gäste auf (u.a. Andreas Dorau und Bernd Begemann). Absoluter Pluspunkt: die facettenreiche Instrumentierung!

http://diegentlemen.de/

 

 

Conrad Keely – Original Machines

VÖ: 22.01.2016

Label: Superball Music

Genre:  Progressive-/Alternative-Rock

Derzeit könnte man glatt meinen, manch ein Musiker hätte keine Lust mehr auf seine angestammte Band, bei all den Solo-Alben, die in den letzten Monaten auf den Markt geworfen werden. Ist natürlich nicht nur Quatsch, solche Entscheidungen sind auch völlig legitim, denn warum sollte man sich nicht mal außerhalb des Gruppenkontextes ausprobieren dürfen? Vor allem, wenn man tatsächlich mit etwas experimentiert, was die Bandmitglieder für gewöhnlich nicht zulassen würden. Man muss ja nicht gleich übertreiben wie (damals) John Frusciante oder Omar Rodríguez-López!  Nun hat Conrad Keely, hauptamtlich Frontmann und Mastermind der fantastischen …And You Will Know Us By The Trail Of Dead, diesen Schritt gewagt. Original Machines überzeugt auf ganzer Linie. Das Werk emanzipiert sich nicht nur im Großen und Ganzen von den Klängen der Hauptband und überrascht mit vielen progressiven Ideen, sondern Keely schafft es auch bei 24 Songs in 55 Minuten die Spannung aufrechtzuerhalten.

http://www.conradkeely.com/

 

Tindersticks – The Waiting Room 

VÖ: 22.01.2016

Label: City Slang

Genre: Kammerpop / Indie-Pop

Die britische Band Tindersticks um Sänger Stuart A. Staples ist bekannt für Songs mit tieftraurigen, äußerst nachdenklichen lyrischen Momenten,  die von melancholischen, eindrucksvollen Melodien untermalt werden. Diese gibt es natürlich auch auf dem neuesten Werk The Waiting Room zu hören. Vor allem Hey Lucinda, in dem Staples im Duett mit Lhasa De Sela über Seelenschmerz, aber auch Daseinsfreude singt. Das Interessante und gleichzeitig Bewegende daran ist, dass der männliche Part den pessimistischen Part übernimmt, während der weibliche sich optimistisch, lebensbejahend gibt. De Sela starb 2010 an Krebs. Staples hat dies nur schwer überwinden können. Zum Glück hat er sich nun entschieden, diesen Song zugänglich zu machen. Ein weiterer toller Duettgesang findet sich darauf, mit Savages-Sängerin Jehnny Beth in We Are Dreamers!. Insgesamt eine im Grundton pessimistisch gestimmte Platte, die auch Momente der Hoffnung zulässt. Gewohnt großartig instrumentiert.       

http://www.tindersticks.co.uk/splash/

Tindersticks – Hey Lucinda from La Blogotheque on Vimeo.

Tindersticks – We are dreamers! from La Blogotheque on Vimeo.

Tindersticks – Were We Once Lovers from La Blogotheque on Vimeo.

 

Tortoise – The Catastrophist

VÖ: 22.01.2016

Label: Thrill Jockey

Genre: Post-Rock / Electronica

Die Chicagoer gehören neben Bands wie Mogwai, Sigur Rós und Stereolab zu den Innovatoren des Post-Rock, einer Stilrichtung, die (weitgehend) ohne Gesang auskommt und durch komplexe Rhythmusstrukturen sowie weitere unkonventionelle musikalische Stilmittel gekennzeichnet ist. Kein Wunder bei diesen Wurzeln, die höchst unterschiedlicher Natur sind, von Krautrock über Jazz, Ambient, Progressive-Rock bis Post-Punk reichen. Vor allem in den 1990er Jahren wurden große Werke – insbesondere von oben genannten Bands – veröffentlicht. Heutzutage wird dem Post-Rock nachgesagt, nicht mehr so spannend wie „damals“ zu sein. Sicherlich wollen sie nicht auf das Genre reduziert werden, aber Mogwai und Sigur Rós beweisen auch heute immer wieder, wie ambitioniert und stilistisch vielfältig sie sind. Nicht mehr ganz so durchschlagskräftig, jedoch weiterhin spannend ist die Musik von Tortoise, so auch auf ihrem neuen Album (nach 6 Jahren), das tolle experimentelle Momente bereithält.

http://www.trts.com/

 

Tricky – Skilled Mechanics      

VÖ: 22.01.2016

Label: False Idols

Genre: Electronica / Trip-Hop

Apropos Innovatoren, Tricky gehört neben Portishead und Massive Attack zu den einflussreichsten Musikern des Trip-Hop, der ebenso in den 1990er Jahren seine Hochphase hatte. Das 1995 vom britischen Sänger veröffentlichte Maxinquaye ist sicherlich nicht weniger bedeutsam als Dummy bzw. Blue Lines und hat über das Genre hinaus Einfluss auf unzählige nachfolgende Interpreten ausgeübt. Wie so oft im Musikbusiness, ist es auch Tricky nicht gelungen, noch einmal das Niveau des Meisterwerks im Nachhinein zu bestätigen. Allerdings gab es immer wieder Momente, in denen der Brite unter Beweis stellte, dass er noch über spannende Ideen verfügte, die über flüsternden Sprechgesang und dunkel angehauchte Sounds hinausgingen. Auch auf Album Nummer 11, das unter anderem mit einem originellen Porno For Pyros – Cover aufwartet. Schön ausbalanciert zwischen forschen Electronic-Sounds und stilvollen gemäßigten Songstrukturen. Schwingt natürlich auch ein wenig Trip-Hop-Nostalgie mit!

http://www.trickysite.com/

 

Tricky Presents Skilled Mechanics – „Diving Away“ [Official Music Video] from K7 Records on Vimeo.

Tricky presents Skilled Mechanics – ‚Beijing To Berlin‘ feat. Ivy from K7 Records on Vimeo.

 

Bloc Party – Hymns

VÖ: 29.01.2016

Label: Infectious

Genre: Indie-Rock / Dance

Wurde ja an dieser Stelle schon einmal darüber geschrieben, dass es den wenigsten Indie-Rock-Bands der frühen bis mittleren 2000er Jahre gelungen ist, ein allseits zufriedenstellendes drittes Album zu produzieren. Auch den Briten Bloc Party erging es so. Ihr Debüt Silent Alarm (2005) war herausragend und auch der Nachfolger A Weekend In The City (2007) hatte großartige Momente. Danach deutete sich eine Tendenz an, die grundsätzlich zwar begrüßenswert ist, da man nach neuen Soundelementen Ausschau hielt, aber nicht nur manch einen Fan irritierte, sondern auch bei den Kritikern eher verhaltene Reaktionen hervorrief. Insbesondere Frontmann Kele Okereke wollte mehr Electro-Sounds in das Klangbild integrieren (was er ja dann auch auf seinen Solo-Alben intensivierte). Dies gelang mal mehr, mal weniger. Auch auf ihrem fünften Album gibt es eine Mischung aus Indie-Rock und Dance zu hören. Oft wirken Bloc Party dabei zu unentschlossen, vieles wirkt gehemmt, zu selten zünden die Songs.

http://blocparty.com/

 

Bloc Party, The Love Within from Four Walls on Vimeo.

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