VÖ: 02.11.2018
Label: Staatsakt
Genre: (Indie-/Elektro-)Pop
Im Jahr 2004 wurde in den Jahresbestenlisten ein Album vielfach aufgeführt, dass mich in meiner damaligen musikalischen Unbedarftheit nur mit dem Kopf schütteln ließ, da ich – so erscheint es mir zumindest in der Nachbetrachtung – vor allem die Hintergründigkeit und Ironie der Texte nicht erkannte. Ich beziehe mich auf Vorher Nachher Bilder von Jens Friebe. Ich habe ja lange Zeit geglaubt, der gebürtige Lüdenscheider würde aus Hamburg kommen, was ja wiederum nicht so eine abwegige Vermutung meinerseits war. Denn zumindest musikalisch kommen einem bei der Musik die großen Acts jener Bewegung in den Sinn, die Ende der 1980er bis Mitte der -90er Jahre als Interpreten der „Hamburger Schule“ bekannt wurden. In der norddeutschen Stadt wurde Friebe – der übrigens auch Musikjournalist ist und für die dieses Jahr leider eingestellte Intro schrieb – von Alfred Hilsberg Anfang des Jahrtausends entdeckt, der das besagte Debüt auf seinem Label ZickZack veröffentlichte. Bis zu Beginn dieser Dekade erschienen dort dann weitere Alben. So richtig mit seiner Musik und Texten beschäftigt habe ich mich zugegebenermaßen aber erst mit dem ersten über das fantastische, in Berlin (übrigens auch Lebensmittelpunkt von Friebe) ansässige Label Staatsakt herausgegebene Werk Nackte Angst zieh dich an wir gehen aus (2014). Denn hier wurden kunstvolle, gekonnt und vielseitig instrumentierte Songs mit wunderbaren Texten kombiniert, in denen nicht nur Liebe und Sex thematisiert, sondern auch reflektiert Stellung zum Tod und vor allem den Zustand der Gesellschaft genommen wurde. Es ist nun ebenso bei dem neuen Album der Fall, dass hinter dem vermeintlich albernen Titel natürlich noch viel mehr steckt: es geht u.a. um Geschlechtsidentität und damit zusammenhängende Stereotypen. Mal in Englisch, mal in Deutsch vorgetragen, manchmal albern, manchmal tiefgründig, aber jederzeit klanglich und stilistisch abwechslungsreich aufbereitet. Vor allem der Titelsong, aber auch Only Because You’re Jealous Doesn’t Mean You’re In Love sowie das schön ungewöhnliche Tränen eines Hundes haben es mir sofort angetan. Wirklich guter, anspruchsvoller Pop aus Deutschland, den ich heutzutage viel zu selten höre (insbesondere im Radio)!
Note: 2,3