Hot Chip – Freakout/Release

VÖ: 19.08.2022

Label: Domino

Genre: (Synthie-)Pop / Electronica / Dance

Die 1995 gegründete Londoner Formation Hot Chip hat – vereinfacht gesagt – bisher immer wieder eine klasse Mischung und Balance aus Pop und Electronica (mit allerlei weiteren Einflüssen) hinbekommen. Soweit ich es in Erinnerung habe, hieß es mal, dass Alexis Taylor eher der Pop-Connaisseur ist und Joe Goddard die Dance/Electro-Schiene bevorzugen würde. Davon mal abgesehen, dass man sich ja dann durchaus fragen kann, was mit den anderen Mitgliedern ist und welche Rolle sie einnehmen, ist eine weitere Beschäftigung in diese Richtung nicht weiter von Belang, solange solche großartigen Songs rauskommen, die Hot Chip im Kollektiv immer wieder zu kreieren verstand. Das gilt vor allem für diejenigen der frühen Werke – insbesondere von The Warning (2006) und Made In The Dark (2008) –, aber auch auf den dann folgenden vier Studioalben fanden sich eben jene Perlen. Okay, mit dem letzten – A Bath Full Of Ecstasy (2019) tat ich mich insgesamt und für Hot Chip-Verhältnisse etwas schwerer, aber das war ja trotzdem noch mehrheitlich gut, was da an Sounds geboten wurde. Nun, jetzt ist Werk Nr. 8 erschienen, auf dem eine funky-discoide Richtung mit Schwerpunkt auf poppig-eingängige Melodien eingeschlagen wird, schon der Einstieg mit Down macht dies deutlich. Aber nicht falsch verstehen, das steht den Briten sehr gut, da sie eine Lockerheit und Verspieltheit wiedergefunden haben, die vor allem die besagten Frühwerke ausgemacht hat. Klanglich werden auch die unterschiedlichsten Elemente eingebunden, von 90er-House über Synthie-Pop der Marke Pet Shop Boys bis Disco der Chic-Art. Im Kontrast zu dieser, positive Assoziationen hervorrufenden Musik stehen oft die Texte, die tatsächlich Selbstzweifel sowie Infragestellungen so mancher menschlicher Verhaltensweisen und Standpunkte vermuten lassen. Aber macht das nicht spannende Alben aus, Gegensätzlichkeiten dieser Art? Klasse Rückkehr, so oder so!

Note: 2,3 (mit Potential nach oben)

https://www.hot-chip.co.uk/

 

    

Brandão, Faber, Hunger – Ich liebe Dich

VÖ: 11.12.2020

Label: Two Gentlemen

Genre: Folk / Indie-Pop

Geht einmal bitte in euch und denkt an ein von allen Kritikern geliebtes Album, das euch beim besten Willen nicht gefallen möchte oder zumindest nicht so zusagt wie ihr es euch wünschen würdet. Bei den wirklich „großen Platten“ ist das ja manchmal gar nicht so schwer. Denn auch wenn unter Umständen die musikalische Klasse nicht abzustreiten ist, so spielt ja natürlich das individuelle Geschmacksempfinden, also das Subjektive, eine Rolle. Mir beispielsweise geht es so, dass ich – no offence – nicht mit den Songs von Leonard Cohen – abgesehen von Hallelujah – warm werde. Nun gut, da wird euch sicherlich auch der/die ein(e) oder andere Musiker/in einfallen. Wie ist das dann bei den Platten, die noch nicht so den „Klassiker“-Status aufweisen, die aber von Kritiker/innen über alle Maße geliebt oder zumindest äußerst lobend erwähnt werden? Kommen wir in diesem Zusammenhang auf Ich liebe Dich, die schweizerische Gemeinschaftsarbeit von Sophie Hunger, Faber und Dino Brandão (sonst in der Formation Frank Powers, seit 2020 auch solo und in der Band Hungers aktiv) zu sprechen. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, ich bin ein großer Bewunderer von den Arbeiten Hungers – erst dieses Jahr hat sie mit Halluzinationen ein exzellentes Album veröffentlicht. Fabers Musik ist ebenfalls toll und schön individuell gehalten (mit oft klar formulierten Statements zu sozialpolitischen Themen). Okay, mit der Musik von Brandão müsste ich mich ohnehin mehr befassen. Aber: bei dem Gemeinschaftswerk haben wir es bei mir mit dem oben erwähnten Fall zu tun, dass ich trotz der überaus positiven Reaktionen der Musikkritik nicht mit in den Kanon der Lobeshymnen einstimmen kann – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Und das liegt selbstverständlich nicht daran, dass ich das schweizerdeutsch kaum verstehe. Auch nicht an den wirklich wundervoll abwechslungsreichen Instrumentationen oder den minimal gehaltenen Folk-Strukturen. Nein…ich weiß es einfach nicht genau, warum ich – mit Ausnahme des Songs Ich liebe Dich, Faber – nicht ganz warm werde mit dem Album. Doch ich bleibe noch ein bisschen zurückhaltend. Vielleicht wird das noch. Oder bin ich eh auf dem falschen Dampfer? Was haltet ihr von dem Werk? Auf eure Reaktionen bin ich gespannt!

Note: 2,7 (eventuell mit Potential nach oben)

https://www.facebook.com/dino.brandao.yo/

https://fabermusik.de

https://www.sophiehunger.com

 

Sophie Hunger – Halluzinationen

VÖ: 04.09.2020

Label: Caroline

Genre:  Indie-Pop/-Rock / Folk

Wenn man heutzutage Pressetexte zu den Bands und Künstler/innen liest, so ist ja oft von ihrer Vielseitigkeit zu lesen, dass sie sich in den unterschiedlichsten Musikspielarten bewegen und diese spielerisch beherrschen würden. Nur ist dabei zu bedenken, dass die Gradwanderung zwischen dem Willen nach Abwechslung und einem künstlerischen Wiedererkennungswert nicht einfach zu bewältigen ist. Tatsächlich verhält es sich oft so, dass dieses Ziel, beide Pole abzudecken, nicht so ganz erreicht werden kann. Umso schöner ist es, dass es andererseits Künstler/innen gibt, denen die Überwältigung dieses Spagats spielerisch zu gelingen scheint, wie z.B. der vielseitig begabten 37-jährigen Schweizerin Sophie Hunger. Schon seit der in Eigenregie veröffentlichten Solo-Debüt-LP Sketches On Sea (2006) bewegt sie sich im weiten Feld von Folk, Indie-Pop/-Rock, Electronica, Jazz, Chanson uvm. Dazu kommen die ausgeprägten Skills im Bereich des Textens und der Instrumentierungen. Nicht zu vergessen die Mitwirkungen an unzähligen Projekten in Film, als Autorin etc., oder ihre Kooperationen (u.a. Max Herre, Steven Wilson). Mir persönlich ging es nur so, dass ich trotz der Anerkennung dieser künstlerischen Fähigkeiten aus subjektiver Sicht ihre Musik oft „nur“ gut fand, ohne wirklich sagen zu können, weshalb dies so ist  (mit einer Ausnahme, das 2010er Album 1983 fand ich großartig). Doch – so viel sei verraten – ihr neues Werk Halluzinationen gefällt mir schon jetzt richtig gut, auch aus subjektiver Perspektive. Es bietet wieder sowohl in Englisch und Deutsch gehaltene, gewohnt mannigfaltig instrumentierte Songs, in denen sich mit verschiedenen Themen – persönlicher als auch generell sozialkritischer Natur – beschäftigt wird. Das sind unter anderem tiefgründige Reflexionen darüber, wie es ist, wenn man die Kontrolle über das eigene Ich verliert. Die Texte sind nicht immer leicht zu entschlüsseln, die Stimmungsbilder variieren dabei. Die fantastische Produktion (von Dan Carey) erfolgte in den Londoner Abbey Road Studios. Großartige Kompositionen mit wundervollen Melodien. Schon jetzt fantastisch, Sophie Hunger ist so oder so eine der spannendsten Künstlerin dieser Tage!

Note: 2,0

www.sophiehunger.com

 

HAIM – Women In Music Pt. III

VÖ: 26.06.2020

Label: Vertigo

Genre: Pop(-Rock) / R&B

Ich habe letzte Woche bei der ARD-Sendung ttt – titel, thesen, temperamente mit dem wunderbaren Max Moor einen Beitrag zu HAIM, dem Trio aus Los Angeles, gesehen. Es war wirklich spannend, was dort berichtet wurde. Denn der Titel des dritten Albums Women In Music Part III beispielsweise sei ein klarer Fingerzeig an jene Journalisten, die der Band die tatsächlich oberdämliche Frage stellen würden, wie es denn als Frau sei Musik zu machen. Da verstehen es die Haim-Schwestern eben ,die passende Reaktion zu zeigen. Generell wurde ein großes Lob hinsichtlich der musikalischen Qualität ausgesprochen. Die Kritiken sind überaus positiv ausgefallen, Höchstwertungen sind wirklich keine Seltenheit. Es ist allerdings auch auffällig, wie es HAIM nach den beiden wirklich guten Vorgängern erneut gelingt, die Einflüsse aus der Historie des Pop  mit verschiedenen anderen Spielarten locker zu synthetisieren und in ein modernes Gewand zu kleiden. War auf dem Vorgänger Something To Tell You (2017) noch ein Schwerpunkt auf Soft-Rock/(Synthie-)Pop gelegt, der schon mit vielen weiteren musikalischen Elementen originell vermengt wurde, so wird auf Women In Music Pt. III so richtig geliefert. Okay R&B, Funk und Soul als weitere Klangquellen sind jetzt keine Neuheit bei HAIM, aber es zeigt sich, wie fokussiert und detailliert Haim sich mit der Pop-Geschichte auseinandergesetzt haben und diese Klänge mit anderen Stilen wie Jazz, Folk etc. zusammenzubringen. Da hört man so viel raus: von Fleetwood Mac, Joni Mitchell, über Prince bis zum R&B der 1990er-Jahre im Stile von TLC…und das sind nur Auszüge der Einflüsse. Ich habe sogar kurz mal an Donna Lewis (kennt noch jemand I Love You Always Forever?) oder Shania Twain gedacht. Es wird nicht einfach einfallslos kopiert, sondern so eingebaut, dass man die Musik dennoch als HAIM-Markenzeichen ansehen kann. Dann sind natürlich auch die Texte zu erwähnen: die drei Schwestern geben sehr viel Persönliches preis (die Krebserkrankung eines Freundes, der Unfalltod einer Freundin u.a.), bringen ihr Selbstbewusstsein zum Ausdruck, sind aber ebenso unglaublich selbstkritisch. Diese unverkrampfte – ja authentische – Herangehensweise zeichnet das Album aus. Es ist perfekter Pop mit ausgezeichnetem Gesang und einer ebenfalls beeindruckenden Instrumentation. Es ist vielleicht kein Zufall, dass ich da an das großartige Vampire Weekend-Album Father Of The Bride aus dem letzten Jahr denken muss, auf dem Danielle Haim ja einen bleibenden Eindruck als Gastsängerin hinterlassen hat. Ex-Mitglied Rostam Batmanglij hat übrigens Women In Music Pt. III mitproduziert. Auch hier eine ausgezeichnete Arbeit. Ich bin zwar noch nicht ganz gehypt, aber das Album ist jetzt schon ganz ganz groß, auf jeden Fall!

Note: 2,0 (mit Potential nach oben)

http://haimtheband.com/

 

Hot Chip – A Bath Full Of Ecstasy

VÖ: 21.06.2019

Label: Domino

Genre: Synthie-Pop / Electronica

R.I.P. Philippe Zdar! Der vielseitige Künstler, den man vor allem als Teil des French House-Duos Cassius kennen wird, ist bei einem tragischen Unfall in Paris ums Leben gekommen – 2 Tage vor Release des Band-Albums Dreems (wird hier bei hicemusic noch besprochen) sowie des neuen Hot Chip-Tonträgers A Bath Full Full Of Ecstasy. Für letzteren war er als Produzent tätig und hat diesem einen neuen klanglichen Anstrich gegeben. Es ist zu großen Teilen hörbar. Das Londoner Quintett Hot Chip meldet sich mit der LP jedenfalls nach vier Jahren Pause zurück, als man den wirklich wunderbaren Vorgänger Why Make Sense? veröffentlichte (war damals „Album des Monats“ bei hicemusic). Wie fügt sich also nun Album Nummer Sieben in die Diskografie ein? Nun, man sollte sich noch einmal ins Gedächtnis rufen, wer Hot Chip ist und was sie bisher im Spannungsfeld von Pop und Electro geleistet haben. Vor allem deren Zweitling The Warning (2006) war nach dem passablen Debüt Coming On Strong (2004) eine wahre Innovationsbombe und gilt zurecht bis heute als eines der besten Alben der letzten Dekade, mit genialen Songs wie Over And Over, Boy From School und Colours (neben einigen weiteren, die meine „Geheimfavoriten sind, wie z.B. No Fit State, der genial zum Joggen ist 🙂 ). Auch der Nachfolger Made In The Dark (2008) hat mich umgehauen! Es ist so, dass seitdem eigentlich auf jedem Tonträger der Briten immer wieder neue Ideen präsentiert wurden, so dass ich Hot Chip einfach attestieren muss, dass sie zu meinen Favoriten gehören. Allerdings: ich muss zugeben, dass trotz des Tatsache, dass der anfangs erwähnte Zdar unter anderem hinter den Reglern Platz nahm, ich mich noch ein bisschen schwertue mit A Bath Full Of Ecstasy. Ja klar, es gibt in den Song wieder tolle Melodien zu hören, die Pop- und Electro-Elemente gekonnt zusammenführen, doch irgendwie fehlt mir – Stand jetzt – ein wenig jenes Momentum, das dem Album jenen unvergleichlichen Charakter verleiht, welcher in verschiedenen Ausprägungen auf den jeweiligen Vorgängern auszumachen war. Ich gebe ihm aber noch die Chance mich zu überzeugen!

Note: 2,7 (mit Potential nach oben)

https://hotchip.co.uk/

 

Julia Holter – Aviary

VÖ: 26.10.2018

Label: Domino

Genre: Art-/Kammer-Pop

Da sind ja mal zwei durchaus gegensätzliche Einschätzungen des neuen Albums Aviary von der 33-jährigen US-Amerikanerin Julia Holter. Im Musikexpress wurde die Höchstwertung von sechs Sternen vergeben: „Avantgarde-Pop zwischen barocker Opulenz und Kakophonie, schwer zu dechiffrieren, doch in seiner Schönheit universell verständlich.“ Auf Laut wurde es mit 2 Punkten abgewatscht, als quasi unhörbar deklassiert. Das wäre normalerweise für mich hier bei hicemusic ein Grund, das Werk im Rahmen der „Kontrovers“-Sparte zu beurteilen. Allerdings: Ich möchte zwar dem Laut-Rezensenten keine Vorwürfe machen – es ist völlig legitim, wenn man mit diesem Album nicht viel anfangen kann, dies auch klar kundzutun -, ich sehe mich da aber eher auf der Seite der ME-Kritikerin. Dies beziehe ich auf eine grundlegend positive Sichtweise – die auch in vielen anderen Musikmagazinen zum Ausdruck gebracht wird –, auch wenn ich Julia Holters neues Werk (noch) nicht so genial finde, dass ich eine Höchstwertung vergeben würde. Loud City Song (2013) und Have You In My Wilderness (2015), die beiden brillanten Vorgänger, schätze ich momentan als stärker ein. Es ist allerdings bestimmt so, dass man Aviary erst einmal auf sich wirken lassen muss, ist ja bei weitem keine einfach zu hörende Musik. Holter hat sich seit jeher dem Thema Pop mit einer überaus anspruchsvollen Herangehensweise genähert: die aufwendigen und vielseitigen Instrumentierungen zum Beispiel, um Ambient-artige, generell stimmungsvolle, manchmal kinematographisch anmutende Klänge zu produzieren, die sich Stilrichtungen aus der Klassischen Musik und der Avantgarde zuordnen lassen, aber auch hintergründige Texte, in denen die Sängerin sich ausführlich mit literarischen Themen auseinandersetze, sie dann als grundlegendes Konzept für ihre Alben auserkor. In dieser Hinsicht hat sie es sich eben nie leicht gemacht, wie nun auf Aviary ein weiteres Mal deutlich wird. Jetzt widmet sie sich unter anderem der libanesischen Schriftstellerin und Malerin Etel Adnan. Wie Holter das alles in einem wahren Klangerlebnis inszeniert, sich erwartbaren Strukturen stets verweigert und das Spiel mit Stimmungen beherrscht, ist schon jetzt  höchst beeindruckend. Es lässt vermuten, dass Aviary eine weitere Großtat in der Diskographie der US-Amerikanerin darstellt, ich möchte mich jedoch bewusst zurückhalten und dem Album noch mehr Hördurchläufe zugestehen, – ja genau – Zeit geben.

Note: 2,0 (mit Tendenz nach oben)

http://juliaholter.com/

 

Helena Hauff – Qualm

VÖ: 03.08.2018

Label: Ninja Tune

Genre:  Electronica / EBM / Industrial

Laut der englischen Wikipedia-Seite (gibt es gar keine deutsche?) sei die Hamburgerin Helena Hauff für „stripped-down techno and electro tracks (…)“ bekannt, die mit analogem Instrumentarium hergestellt würden und ihre Einflüsse aus Acid House, EBM und Industrial zögen. Kann man ja mal bedenkenlos zustimmen.  Die Hamburger Produzentin hat eine entsprechende Ausbildung – genauer gesagt ein Studium in Physik, Systematischer Musikwissenschaft und Kunst – abgelegt, weshalb der künstlerisch hohe Anspruch, den sicherlich nicht nur ich in ihrer Musik ausmache, herzuleiten ist. Hauff hat sich insbesondere infolge ihres künstlerischen Erfolges mit ihrer Debüt-LP Discreet Desires (2015) einen Namen in der nationalen und internationalen Electro-Szene gemacht, unter anderem auf großen, namhaften Festivals gespielt und erst im letzten Dezember war sie die Gewinnerin des BBC Radio 1’s Essential Mix Of The Year. Sie verbindet moderne, ambitionierte Strömungen der elektronischen Musik mit deren Vergangenheit. Das ist durchgehend spannend, sie entlockt ihren Instrumenten (Sythesizern, Samplern etc.) komplexe, fremdartig anmutende Sounds, die gleichzeitig sehr organisch sein können. Von Acid-House über Electronic Body Music bis zu knallhartem Industrial lassen sich allerlei Spuren elektronisch generierter oder geprägter Musik auf Hauffs Zweitling finden, der – ich habe hier bei hicemusic schon öfter über die Großartigkeit des Labels geschrieben – so perfekt zu Ninja Tune passt.  In Sachen Electronica macht denen doch sonst kaum jemand anderer etwas vor. Qualm ist vielleicht insgesamt nicht ganz so groß wie besagtes Discreet Desires, dennoch ist auch der Nachfolger höchst faszinierend, sofern man sich als Hörer darauf einlässt!

Note: 2,0

http://helena-hauff.com/

 

Her – Her

VÖ: 29.03.2018

Label: Republic

Genre: Neo-Soul / (Synthie-)Pop

Ich hatte vor 2 Wochen  das Vergnügen,  nach vier Jahren endlich mal wieder das Hurricane-Festival zu besuchen. Abends bzw. nachts – als das Bühnenprogramm für den jeweiligen Tag zu Ende war – fand eine Party in unmittelbarer Nähe des Zeltplatzes statt, auf der allmögliche aktuelle und auch ältere Pop-Hits zu hören waren (nicht live, aus der „Konserve“, präsentiert von einem Sponsor, so dass gelegentlich auf einem großen Bildschirm auch zugehörige Musikvideos oder Live-Ausschnitte zu sehen waren). Da wurde unter anderem auch der Song Hurra Die Welt Geht Unter von K.I.Z gespielt. Der Song gefällt mir ausgesprochen gut (was mir  vor allem erst nach 3 Jahren aufgefallen zu sein scheint). Das liegt unter anderem an Gastsänger Henning May von AnnenMayKantereit, der meiner Meinung über eine fantastische Stimme verfügt (das sehen ja nicht alle so). Warum erzähle ich das im Zusammenhang mit einer Besprechung von Her? Aus dem Grund, dass besagte kölsche Band und ihr Sänger auf der Debüt-LP der Franzosen zu hören ist und dieser erneut eine klasse Performance hinlegt. Ich habe ehrlich gesagt erst gedacht, dass in On & On ein Jazz-Sänger oder Ähnliches zu hören sei. Das Zusammenspiel mit den anderen Stimmen funktioniert richtig gut, mit dem belgischen Rapper Roméo Elvis und dem Frontmann von Her, Victor Solf. Diejenigen von Euch, die letztere Band kennen, werden eventuell wissen, dass das andere Mitglied, Simon Carpentier, Ende letzten Jahres tragischerweise mit nur 27 Jahren an Krebs verstorben ist, das Debüt also posthum erscheint. Es waren im Vorfeld schon zwei formidable EPs erschienen, schlicht Her Tape #1 und Her Tape #2 betitelt, die einige der Songs schon vorher enthielten, aber eben auch unbekanntes Material, an deren Entstehung  Carpentier aktiv beteiligt war und das Solf den Hörern nun glücklicherweise zugänglich macht. Ein rundum gelungenes Album mit großartigen Songs (vor allem Five Minutes und Swim). Soul-Pop, der sich an großen Vorbildern der letzten Jahrzehnte orientiert, aber mit einer individuellen Note versehen ist, vor allem auch eine feministische Botschaft transportiert! Insgesamt eine liebevolle Würdigung!

Note: 2,0            

https://www.difymusic.com/thebandher

 

HAIM – Something To Tell You

VÖ: 07.07.2017

Label: Vertigo

Genre:  Pop(-Rock)

So ab und zu hört man diesen alten Song im Radio, zumindest wenn man hier im Westen Deutschlands die Sender WDR 2 (der sich ja hauptsächlich an die 25- bis 59-Jährigen richtet) und WDR 4 (seit dieser keine Schlagerstation mehr ist und verstärkt internationale „Oldie“-Hits spielt) hört. Er heißt Valerie und stammt von dem 1982 veröffentlichten Album Talking Back To The Night. Sänger ist der tolle Sänger und ausgesprochen vielseitige Instrumentalist Steve Winwood, den man sicherlich auch als Mitglied von Bands wie der Spencer Davis Group, Traffic oder Blind Faith kennt. Aber eben auch seine Solowerke haben einen hohen Wiedererkennungswert. Einigen Hörern wird der Refrain des oben erwähnten Songs hauptsächlich aus dem Grund bekannt sein, da Eric Prydz den Refrain in seinem 20004er-Nu-Disco/House-Hit Call On Me sampelte (ja genau, den mit dem erotischen Aerobic-Video). Dieser Valerie gehört der Meinung von hicemusic nach zu jenen Mainstream-Songs der 1980er, die er immer wieder gerne hört. Gewiss nur eines dieser Beispiele, generell gibt es da ein paar Vertreter aus dem (Synthie-)Pop-/(Soft-)Rock- und Blue-Eyed Soul-/R&B- und Funk-Bereich, an denen man durchaus Gefallen finden, einige auch lieben kann (Stichwort: Alannah Myles‘ Blues-Rock-Kracher Black Velvet). Die drei Schwestern Este, Danielle und Alana Haim haben sich scheinbar vordergründig dem Adult Contemporary verschrieben, der seinen Ursprung in den 1970er Jahren im Soft Rock mit Ikonen wie Fleetwood Mac hat, die auch schon von ihnen gecovert wurden und  mit deren Musik sie oft in Verbindung gebracht werden. Das Haim-Debüt Days Are Gone (2013) bot klasse eingängige Songs, die wirklich Laune bereiteten, moderne mit besagten 1970er/-80er-Sounds stilvoll kombinierten. Die Kritiker waren hellauf begeistert (Pitchfork zählte das Album beispielsweise zu den „100 Best Albums  of the Decade So Far“). Auf dem Nachfolger Something To Tell You – der zwar nicht das hohe Niveau des Debüts erreicht, dennoch wieder frische, Vergnügen bereitende Musik bereit hält – kommen neue Pop-/Rock-Elemente hinzu. Vor allem TLC und Destiny’s Child scheinen da einen großen Einfluss auf das neue Soundgewand zu haben. In Kombination mit den 1970-/-80er-Sounds und modernen Klängen ist das Ergebnis zwar nicht allzu anspruchsvoll (vor allem auf textlicher Ebene), macht dennoch Spaß, oft so wie anfangs erwähnte Hits von vor 30 bis 40 Jahren. Sollte man sich mal anhören!

Note: 2,3

http://haimtheband.com/

 

Aldous Harding – Party

VÖ: 19.05.2017

Label: 4AD

Genre: (Neo-) Folk

Es gibt ja immer wieder Künstler/innen, bei denen man glaubt, sie seien schon eine längere Zeit im Musikbusiness aktiv, man sie zumeist älter einschätzt als sie tatsächlich sind. Das war insbesondere in den letzten Monaten der Fall (Angel Olsen, Laura Marling, Jake Bugg, Alexandra Savior, Courtney Barnett usw.). Natürlich werden oft Genres aufgegriffen, bearbeitet, uminterpretiert und kombiniert, die in der Popmusik eine große Tradition aufweisen – also bestimmt nicht neu sind. Aber die Art, wie die Musik präsentiert wird, da möchte man als Hörer nur respektvoll  applaudieren. Die Ü20-Generation versteht es, eigene Interpretationen der Musikvergangenheit anzustellen und die Richtungen stilvoll in die Gegenwart zu holen und dort überzeugend neu zu positionieren. Die 1990 in Neuseeland geborene Aldous Harding gehört ebenso zu jenen Künstlerinnen, legte 2014 ihr selbstbetiteltes Debüt vor, auf dem sie ziemlich zierlich und zerbrechlich wirkte, sie äußerst pessimistische Texte zu Gehör brachte, ihre Sounds erinnerten schon damals an eine Mischung aus Chelsea Wolfe, Vashti Bunyan, PJ Harvey und Kate Bush. Hört man nun einen Song wie Horizon auf ihrem Zweitwerk Party lassen sich Parallelen zu letztgenanntem Vorbild wirklich nicht mehr verhehlen. Wie bei allen oben genannten Beispielen junger talentierter Musiker/innen wäre sie allerdings wohl nur halb so spannend, wenn nicht individuelle Züge, neue Ansätze erkennbar sein würden, auch wenn ein John Parish (der unter anderem bereits mit PJ Harvey, den Eels oder Sparklehorse zusammenarbeitete) auf dem neuen Album als Produzent ausgeholfen, wie auch Gäste wie Perfume Genius darauf ihre effektiven Beiträge zum Gelingen der Songs  geliefert haben. Aldous Harding kann mit ihrer Stimme großartig experimentieren und eine respektable Bandbreite an Instrumenten vielseitig einsetzen, damit unterschiedliche Stimmungen erzeugen.  In der Mehrheit ist die Musik natürlich erneut von Melancholie geprägt, wenn Harding sich mit der Natur auseinandersetzt. Klasse Platte!

Note: 2,3

http://www.aldousharding.com/

 

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