VÖ: 06.05.2022
Label: Columbia
Genre: Indie-/Folk-Rock / Dance-Pop
Gestern hörten meine Schwester und ich das neue Album der kanadischen Indie-/Folk-Rocker Arcade Fire. Sie meinte, dass sie sehr begeistert von dem sechsten Werk sei und fragt mich schon seit ein paar Wochen, wie ich dazu stehe. Ich sagte eher unfreiwillig etwas, das bei genauerer Betrachtung irgendwie kennzeichnend für WE steht. Denn ich meinte, dass ich das Album so spannend fände, weil hier Bewährtes zu hören sei, ich die neue Herangehensweise an die Komposition der Stücke heraushören würde. Dann pausierte, dachte dass das doch ein Widerspruch sei. Meine Schwester sagte dann, dass das wohl das Geheimrezept sei. Ich finde, dass sie Recht hat, denn man hört einerseits diese Electro-/Disco-/Dance-Pop-Experimente heraus, die die kanadische Band bei Everything Now (2017) und insbesondere bei Reflektor (2013) in den Arcade Fire-Sound einfließen ließen. Zum anderen kommen auch die klanglichen Strukturen wieder verstärkt zum Vorschein, welche die ersten drei Werke prägten. Vor allem: man lässt sich viel Zeit! Man versieht die Songtitel mit Teil 1, Teil 2 etc., lässt die Lieder sich über mehrere Minuten entwickeln, gibt ihnen fast schon einen progressiven Charakter. Wahrscheinlich auch, um diesen recht häufig zu vernehmenden Vorwurf zu widerlegen, man mache nur noch Musik für die Massen. Vielleicht war es auch eine super Wahl, sich für Nigel Godrich als Produzenten (hat u.a. für Radiohead, Air oder R.E.M. gearbeitet) zu entscheiden, der da sicherlich geholfen hat, neue Soundimpulse und -ideen einfließen zu lassen. In den Texten widmet man unter Bezugnahme auf den dystopischen Roman We des Schriftstellers Jewgeni Samjatin (daher sicherlich der Albumtitel) Themen wie den Verlust von Individualität in einem Überwachungsstaat, die Nachwehen der Trump-Regierung und unterwirft generell sozial-politische Begebenheiten einem kritischen Blick. Insgesamt merkt man, dass Arcade Fire weiterhin einen sehr explorativen Stil pflegen, ihr Sound weist immer noch individuelle Formen auf. Mir gefällt das sehr. Liebe Ninja, du kannst beruhigt sein, We ist auch für mich ein tolles Album geworden, ganz wie du es gemeint hast! 😊
P.S.: Als ich es noch nicht wusste, habe ich bei Unconditional II (Race And Religion) gedacht, dass Win Butler sich jetzt mit seiner Stimme sehr dem Peter Gabriel angenähert hat, nur um dann festzustellen, dass der große Sänger selbst hier tatsächlich gastiert hat. Ich habe mich wirklich sehr gefreut, da die Sympathien füreinander ja schon längere Zeit beiderseits bekundet wurden (u.a. hat der 72-Jährige im Rahmen seines 2010er-Albums Scratch My Back auch My Body Is A Cage von den Kanadiern gecovert; in der Folge boten Arcade Fire dann eine Neuinterpretation von Games Without Frontiers auf dem 2013er-Werk And I’ll Scratch Yours).
Note: 2,0