Hundreds – Wilderness
VÖ: 04.11.2016
Label: Embassy Of Music
Genre: Elektro-/Dreampop
Das Hamburger Geschwisterduo Eva und Philipp Milner hat vor 6 Jahren sein selbstbetiteltes Debüt veröffentlicht, das warm-melancholische, ätherische, ausgesprochen atmosphärische Songs aufzubieten hatte. Das 2014 herausgebrachte, ebenso tolle Nachfolgewerk Aftermath schaffte es schließlich mit den klasse Singles Circus, Our Past und Ten-headed Beast in die deutschen Charts und in die Playlisten von Radiostationen, die sonst eher Mainstream-Pop-Musik spielen. Natürlich haben die Songs Hitpotential, aber sind eben auch mit unkonventionellen Strukturen durchzogen. Der Drittling Wilderness hat ähnlich konzeptionierte Musik zu bieten, ist angesichts aktueller weltpolitischer Ereignisse noch düsterer angelegt, bietet eine Mischung aus elektronisch dominierten und kinematographischen Passagen, pendelt zwischen ruhigeren und opulenteren Momenten, ist so eine Art Mischung aus Lali Puna und Woodkid. Nicht so gut wie die Vorgänger, dennoch immer noch fesselnd!
HUNDREDS Wilderness Teaser from Elena Winterer on Vimeo.
Jim James – Eternally Even
VÖ: 04.11.2016
Label: Capitol
Genre: Indie-/ Psychedelic-Rock
Der Rezensent muss zugeben, dass er unmittelbar vor dem Verfassen dieses Textes nicht mehr genau wusste, wer Jim James ist, er ging von einem Newcomer aus, der eben mit den vielen gegenwärtigen Interpreten in der Liga von Foxygen, Mac DeMarco, Tame Impala oder Unknown Mortal Orchestra sich an allmöglichen Rock-Formen ausprobiert, die mit einer Menge Psychedelia gewürzt werden. Nun ja, dann wurde er wieder darauf verwiesen, dass James der Frontmann von My Morning Jacket ist und unter anderem mit Conor Oberst bei den Monsters Of Folk aktiv war. Erwähnung sollte auch sein Beitrag zu dem Album Lost On The River – The New Basement Tapes finden (der Neubearbeitung von Bob Dylan-Songs). Eternally Even ist nach Regions Of Light And Sound Of God (2013) schon das zweite Solowerk von Jim James und es übertrifft den Vorgänger mit Musik, mit der er zu jeder Zeit zu überraschen weiß, in die er jede Menge Wendungen einbaut und mit unterschiedlichen Genres experimentiert. Empfehlung!
Alicia Keys – Here
VÖ: 04.11.2016
Label: RCA
Genre: R&B / Soul
“I keep on fallin’, in and out of love, with you…”. Wer (der zumindest Ü25-Jährigen) erinnert sich nicht an diese Zeilen, die Alicia Keys in dem Video zu Fallin‘ am Klavier sitzend und eine wundervolle musikalische Begleitung zu diesen Texten spielend, mit sehnsuchtsvollem Blick in die Kamera schauend sang. Ein fantastischer Song! Überhaupt ist es schwer vorstellbar, dass die US-Amerikanerin gerade einmal erst 35 Jahre alt ist, ihr Einfluss auf gegenwärtige Musiker/innen (allen voran des Neo Souls) sollte nämlich nicht unterschätzt werden, man kann ja mal Adele fragen. Die Klasse ihres Debüts Songs In A Minor (2001), auf dem natürlich auch Fallin‘ zu finden ist, konnte sie auf den Nachfolger nicht mehr erreichen. Allerdings muss man sagen, dass Here endlich wieder überzeugen kann, kraftvolle Songs versammelt, die sich musikalisch zwischen Soul, R&B, Hip-Hop und auch Jazz bewegen, mit pointierten, auf soziopolitische Themen referierenden Texten (insbesondere natürlich auf Rassismus in den USA). Klasse!
http://www.aliciakeys.com/home/
Hope Sandoval & The Warm Inventions – Until The Hunter
VÖ: 04.11.2016
Label: Tendril Tales
Genre: Folk-, Alternative-Rock / Dream Pop
Die US-amerikanische Sängerin meldet sich in dem Jahr, in dem sie ihren 50. Geburtstag gefeiert hat, musikalisch zurück, mit ihren The Warm Inventions. Hope Sandoval kennt man vordergründig für ihre Mitgliedschaft in den Bands Opal und insbesondere die großartigen (zwischenzeitlich wiedervereinigten) Mazzy Star (Fade Into You), aber auch für ihre legendären Gastbeiträge, z.B. für die Chemical Brothers oder Massive Attack. Mit letzteren hat sie eben auch dieses Jahr wieder einen Song aufgenommen, das wunderbare The Spoils. Nach 7 Jahren hat sie zudem die Warm Inventions reaktiviert, ihre Band mit My Bloody Valentine-Mitglied Colm Ó Cíosóig. Das dritte Album Until The Hunter vereinigt bekannte Zutaten, d.h. verträumte, atmosphärische, sich viel Zeit nehmende Melodien, die von Sandovals Stimme getragen werden und recht vielseitige Instrumentierungen aufbieten. Ist in der Gesamtheit okay, nicht außergewöhnlich. Richtig gut aber ist Let Me Get There, das Duett mit Kurt Vile, geraten.
http://www.hopesandoval.com/home.shtml
Simian Mobile Disco – Welcome To Sideways
VÖ: 11.11.2016
Label: Delicacies
Genre: Electronica
Kürzlich wurden hier bei hicemusic im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des neuen Justice-Albums jene Bands erwähnt, die ab Mitte der 2000er Jahre die French House / Big Beat-Sounds der 1990er Jahre wieder auffrischten und in ein neues Klanggewand kleideten. Dabei wurde dieses Duo um James Ford und Jas Shaw erwähnt, das im selben Jahr des Erscheinens des wunderbaren Justice-Debüts (2007) und einer erwähnenswerten Erstplatte der Hamburger Digitalism ein ebenso vergnügliches Werk veröffentlichten: Attack Decay Sustain Release. Die nachfolgenden Alben von Simian Mobile Disco wurden zunehmend technoider, housiger, auf Gastsänger/innen wurde zuletzt nicht mehr zurückgegriffen. Man kann nicht mehr wirklich von dieser Form von Electronica sprechen, die in den Anfangstagen produziert wurde. Nach dem 2014er Whorl kommt wieder ein auf House fokussiertes Album von den Briten heraus. Das ist gut produziert, aber auch ein wenig überraschungsarm geraten.
http://www.simianmobiledisco.co.uk/
Sting – 57th & 9th
VÖ: 11.11.2016
Label: Interscope
Genre: Pop / Rock
Sting hat sich ja in den letzten Jahren auf seinen Alben mit Themen beschäftigt, die mit Pop-Rock-typischen Strukturen eher weniger zu tun haben, musikalisch oftmals ins Klassische hineinreichend. Wenn man so will, ist Sacred Love (2003) das letzte Werk, das Gordon Sumney in der weitreichend bekannten Form präsentierte. Im Vorfeld der Produktion von 57th & 9th war es dem 65-Jährigen jedoch wichtig, dass neuartige, soundtechnisch nicht zu konventionelle Wege beschritten werden, weshalb er unter anderem Gäste aus den unterschiedlichsten kreativen Bereichen einlud. Thematisch ist das Album ebenso mannigfaltig angelegt, so geht es um Sinnsuche, Fernweh und Tod, letzteres im Zusammenhang mit der Tatsache, dass viele seiner Kreativkollegen in diesem Jahr gestorben sind (Prince, Bowie, Lemmy, Rickman u.a.), denen Sting den Song 50,000 gewidmet hat. Weitere (sozial-)politische Angelegenheiten werden auch nicht ausgespart. Das Ergebnis kann sich sehen bzw. hören lassen (mehr aber auch nicht).
Metallica – Hardwired…To Self-Destruct
VÖ: 18.11.2016
Label: Universal
Genre: Metal
Man hat ja zurzeit ein wenig das Gefühl, dass einige der “alten” Helden unabhängig ihres angestammten Genres ziemlich bis recht gute Comebacks feiern, wie zum Beispiel De La Soul, A Tribe Called Quest (die im Dezember ein – so viel sei schon hier verraten – begeisterndes Werk veröffentlicht haben, Besprechung folgt) und auch Metallica. In allen Fällen zeichnet die Werke aus, dass die Bands sich darauf jeweils nicht allzu ernst nehmen, unverkrampft sind, frei und locker das zum Besten geben, was sie schon immer ausgezeichnet hat, sich aber auch nicht zu fest an der Vergangenheit klammern. Wobei Metallica auf ihrer neuen Veröffentlichung (der ersten nach 8 Jahren) natürlich genau das spielen, was man von ihnen erwarten würde, die Parallelen zu den Vorgängern können immer wieder gezogen werden, auch zu den weniger guten. Manche der Texte sind klischeebeladen, auch einzelne Melodien wirken angestaubt, aber: es macht dennoch irgendwie Spaß, weil einige oben genannte positiven Eigenschaften zutreffen.
TaxiWars – Fever
VÖ: 18.11.2016
Label: Universal
Genre: Jazz
Man wird schon zu Beginn von der Musik eingenommen, feinster, straight vorwärtsschreitender Jazz, der unendlich Spaß macht, wird dem Hörer hier aufgetischt. Die Songs unterhalten, lassen Platz für allerlei Überraschungen und sind anspruchsvoll, gleichzeitig nicht zu komplex. Dies wäre ja kein Problem, aber moderner Jazz kann doch auch mal einfach auf hohem Niveau unterhalten. TaxiWars ist ein seit 2014 bestehendes Projekt aus Belgien, das von einem Mann angeführt wird, den sicherlich einige kennen werden: Tom Barman, der sonst Frontmann von den fantastischen Experimentalrockern dEus ist. Allerdings sollte auch betont werden, dass die übrigen Mitglieder des Quartetts (vor allem in der belgischen Jazzszene) keine Unbekannten sind: Robin Verheyen, Nicolas Thys und Antoinne Pierre. Das Anhören dieser Platte lohnt sich in jedem Fall. Jazz, der mit vielfältigen Ideen aufwartet und andere musikalische Spielarten – u.a. Hip-Hop und Rock – geschickt und dezent einbaut. Ein Hörvergnügen!
The Weeknd – Starboy
VÖ: 25.11.2016
Label: Republic
Genre: Contemporary R&B / Pop
Der Schreiber dieser Zeilen ist ein glühender Fan des Electronica-Duos Daft Punk, (fast) alle musikalische Arbeiten, allen voran ihr LP-Debüt Homework (1997), halten ihn bis heute in Atem. Die Massen wissen die Franzosen seit jeher zu begeistern, (allerspätestens) mit Get Lucky haben sie auch die auf puren Mainstream fixierten Radios erreicht. Nun haben sie mit The Weeknd zusammen gearbeitet, der in selben Höhen schwebt, kommerziell höchst erfolgreich ist, vor allem seit dem letztjährig veröffentlichten Beauty Behind The Madness (mit einigen Hits, insbesondere dem klasse Ohrwurm-Kracher Can’t Feel My Face). Es gibt auf dessen neuen Werk Starboy gar zwei wirklich tolle Kollaborationen, den Titelsong sowie den Abschluss I Feel It Coming. Sie umrahmen eine insgesamt ausgezeichnet produzierte Platte (es waren eine Menge Kreativer daran beteiligt), die weitere prominente Gäste (Lana Del Rey, Kendrick Lamar, Future) aufbietet. Zeitgemäßer R&B, der im Großen und Ganzen richtig gut funktioniert!