Die britische Band Metronomy finde ich – ähnlich wie genretechnisch ähnlich musizierende Formationen, zum Beispiel Hot Chip, MGMT oder Tame Impala, – echt aufregend. Denn gerade bei Joseph Mount und Co. mischen sich angenehme, den Ohren schmeichelnde Melodien mit elektronischen Spielereien und nostalgischen Ausflügen in nicht unbedingt jederzeit zu erwartende Stilrichtungen. Natürlich ist da oft eine sehr poppige Note enthalten, man nehme nur so grandioses Alben wie The English Riviera (2011) oder den Nachfolger Love Letters (2014), die beide – inklusive der Einbindung jeweils eigener kreativer Ideen – so wundervoll unverkrampft New-und Chill-Wave ausdefinierten, mit ungemein Ohrwurm-verdächtigen Melodien. Eigentlich muss ich sagen, dass der kreative Kopf der Band, Joseph Mount, zusammen mit seiner Band irgendwie noch wirkungsvollere Akzente setzt als wenn er sich mehr in „Solo-Funktion“ verdingt. Auf dem neuen Werk Small World hält er – wie schon auf dem vorangegangenen Metronomy Forever (2019) – den Weg bei, dass er mit seinen vier Mitstreiter/innen zusammen diese smarte Linie zwischen Indie Pop und Electro im Zusammenspiel mit weiteren Stilen weiter nachverfolgt. Ich finde – und deshalb landet dieses Album in der „Kontrovers“-Sparte – dass es Metronomy auf Small World (fast) so gut wie auf Love Letters (2014) gelingt, den Songs eine Magie und Sogwirkung zu verleihen, was den teilweise noch zurückhaltenden Kritiken bisher etwas entgegensteht. Vielleicht bin ich doch etwas zu euphorisch, aber man höre nur so etwas wie It’s Good To Be Back und lasse sich überzeugen, dass man diesen Titel als Zeichen und Motto verstehen kann. Schön auch wie hier die Gesangsharmonien in Love Factory präsentiert werden. Oder wie weitere klangliche und fein instrumentierte Ausflüge in die 1960er- und -70er-Pop-Zeiten unternommen werden. Ich finde das Album fabelhaft! Was sagt ihr zu dem Album? Seid ihr noch etwas reserviert, enttäuscht oder ebenso verzaubert? Auf eure Meinungen bin ich gespannt!
Retro bleibt in der Pop-Musik das große Ding, warum auch nicht? Immer wieder werden Stilrichtungen der vergangenen Dekaden mal mehr mal weniger bestechend rezitiert und erscheinen im neuen Licht. Letzteres ist ja eigentlich schon eine Voraussetzung, denn es funktioniert nun mal eher nicht, wenn schlicht kopiert wird. Stile wie Soul und R&B werden in unterschiedlichen Klangkontexten präsentiert, ja gerne auch in Verbindung mit Electro-Sounds. In den letzten Jahren war beispielsweise der 80’s-Soul-Funk-Disco-Pop im Stil eines Prince oder von Michael & Janet Jackson wieder ein Thema. Da kommen einem die stilvollen Experimente einer Janelle Monáe – mit ihrem superben 2018er-Werk Dirty Computer – in den Sinn oder auch die coolen Statements der Französin Christine And The Queens. Seit einigen Jahren macht auch die Britin Laura Mvula auf sich aufmerksam, präsentierte von der Kritik geliebte, preisgekrönte Alben mit Sing To The Moon (2013) und The Dreaming Room (2016). Das war nicht bloß Neo-Soul der einfachen Sorte, es konnte durchaus in die verschiedensten musikalischen Bereiche weiterreichen. Vergleiche mit Nina Simone und Davis Axelrod u.a. wurden zu Zeiten des Debüts angestellt. Auf Pink Noise geht es nun infolge eines langen Aufnahme- und eines persönlichen Aufarbeitungsprozesses der 35-Jährigen verstärkt in die bereits angerissenen 80’s-Gefilde mit Synthie-Pop sowie gewohnt gut produzierten, ausgeklügelt arrangierten Soundflächen und dieser unvergleichlichen Stimme Mvulas. Das ist keine neue Idee an sich, die Songs – wie Got Me oder Church Girl – hinterlassen dennoch Eindruck durch diese Unverkrampftheit, diese Direktheit und ja – Individualität. Starkes Album!
Ich habe im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des letzten Albums Who Else(2019) erwähnt, dass ich Moderat – die andere Band der beiden Modeselektor-Mitglieder Gernot Bronsert und Sebastian Szary, die sie zusammen mit Sascha Ring (alias Apparat) bilden – ein bisschen mehr mögen würde, weil man sich insgesamt weiter hinauswage im weit gefassten Bereich der Electronica. Ich war dann letztens Endes nicht ganz so begeistert von besagter Platte und packte sie in die „Kontrovers“-Sparte. Müsste sie vielleicht noch einmal hören. Denn eines muss man auch sagen: Modeselektor kann man dennoch nicht einfach in eine Schublade packen, in der aggressiv nach vorne pushende, mit zu wenig Ecken und Kanten gesegnete – ja – „gefällige“ Electro-Sounds platziert werden. Das wäre schlicht gesagt nicht fair! Schon in Anbetracht toller Platten wie Happy Birthday! (2007) oder das tatsächlich schon 10 Jahre alte (!) Monkeytown kann man das wohl kaum objektiv behaupten, denn da war die Musik schon ausgesprochen vielseitig, die Strukturen gingen sehr wohl in Richtung ambitionierte Electronica. Vor allem wird dies jetzt erneut untermauert, mit dem als Mixtape konzipierten Extended! Es finden sich darauf einige Tracks von Modeselektor – sowohl neue als auch alte unveröffentlichte. Es ist im Kontext der Corona-Beschränkungen und der damit zusammenhängenden Ängsten und Unsicherheiten konzipiert. Musikalisch wirft man einen Blick zurück auf die eigene Diskografie und widerlegt ziemlich eindeutig meine Ausführungen vom Anfang dieses Textes! Es gibt die unterschiedlichsten Subgenres der Electronica, die hier zum Ausdruck kommen. Das ist unheimlich spannend im Ergebnis und gefällt mir zumindest richtig gut! Man höre nur so was Fantastisches wie den atmosphärischen Ambient-Track Lockdown! Zudem bietet man mit Paul St. Hilaire und (dem auf Warp Records gesignten) Jackson And His Computerband ebenfalls zu Experimenten neigende Gäste auf. Wie gesagt, richtig gute Platte, die sicherlich einige Hörer an selige Zeiten durchtanzter Nächte erinnern wird!
Für mich persönlich spielt die „Köln-Düsseldorf-Allianz“ Mouse On Mars innerhalb des klanglichen Spektrums der Experimental-Elektronik (die ja unter anderem auch IDM – „Intelligent Dance Music“ – genannt wird) in derselben Liga wie internationale Größen, sagen wir mal Aphex Twin, Burial oder Four Tet. Davon abgesehen kennt man das Duo um Jan St. Werner und Andi Toma über Landesgrenzen hinaus. Zu Recht, denn sie spielten beispielsweise schon Shows auf allen Teilen der Erde, engagierten sich im Rahmen des Goethe-Instituts oder förderten mit ihrem Label sonig spannende Künstler/innen aus den verschiedensten Bereichen, sowohl in geographischer als auch in soundtechnischer Hinsicht. Das Erforschen und Experimentieren, die stete Bewegung in ihrer Musik sind und bleiben ein Markenzeichen. Die vielen fantastischen Werke, unter anderem Studio-Album-Klassiker wie Iaora Tahiti (1995), Niun Niggung (1999), Radical Connector (2004) oder das von mir persönlich überaus geschätzte Idiology (2001) geben Zeugnis davon. Nicht zu vergessen die klangliche Experimentierfreude auf ihrer fabelhaften letzte Platte Dimensional People (2018), die ihr Leser hier zum Album des Monats gewählt habt. Nun ist ein weiteres Werk von Mouse On Mars erschienen. Es heißt AAI, was als Abkürzung für „Anarchic Artificial Intelligence“ steht. Allen – darunter auch jene, die der Electronica eher skeptisch gegenüberstehen – wird hier eine Möglichkeit gegeben, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, wie Maschinen Musik produzieren. Ist sie wirklich derartiges wie kalt, hart und unzugänglich? Oder gibt es da andere Facetten, die eine Rolle spielen? Auf Grundlage der Theorien des Wissenschaftlers Louis Chude-Sukei, dessen Aussagen im O-Ton Mouse On Mars unter anderem mithilfe einer Software neu angeordnet haben, werden hier unterschiedlichste Experimente vorgenommen und in Track-Form auf dem Album zusammengefasst. Ein höchst ambitioniertes Projekt, dessen Resultat mich wirklich begeistert. Mouse On Mars bleiben mit ihrer Herangehensweise an Musik weiterhin aufregend, zeitgemäß und vielseitig, was mit AAI eindrucksvoll bestätigt wird. Wahnsinn!
Tjaja, diese Teenies!…Da bin ich damals als 17-Jähriger in der am Hansaring in Köln gelegenen Filiale einer sehr namhaften Elektronik-Fachmarktkette an einem großen Pappaufsteller von der australischen Star-Sängerin Kylie Minogue vorbei geschlurft. Als ich ihn erblickte, war ich sofort verliebt und fasste den Entschluss, das damit beworbene Album Fever zu kaufen. Aus irgendeinem Grund habe ich es dann doch nicht getan, vielleicht weil ich einen anderen Aufsteller – nein Scherz! – eine andere Platte entdeckt hatte. Was ich damit sagen möchte, musikalisch war ich einfach nicht so gefestigt, es ging hier – okay, ich gebe es zu – um das gute Aussehen von Minogue. Allerdings, eigentlich gefiel mir der Sound schon damals nicht so wirklich. Es war ja die Zeit des großen Hits Can’t Get You Out Of My Head, der in den Radios und im Fernsehen (ja, sogar bei Viva Zwei) ziemlich oft gespielt wurde. Irgendwann war es mir zu viel, ich wollte den Song einfach nicht mehr hören. Aus der heutigen Perspektive betrachtet ist er fantastisch produziert und ich kann auch nachvollziehen, wenn man ihn mag. Ich persönlich tue mich allerdings immer noch schwer mit ihm, vielleicht ist es zu viel des „La La La“. Der Respekt für die Sängerin ist vorhanden, auch in Anbetracht der Tatsache, dass Kylie Minogue privat viel durchmachen musste und dass sie ohnehin schon so lange im Business unterwegs ist (seit 1979). Nachdem nun ihr neues Werk Disco in der Mehrzahl positiv von der Musikpresse bewertet wurde, war ich neugierig, was die dem im Titel benannten Genre ohnehin stets nahestehende Kylie Minogue nun in der neuen Dekade zu diesem zu sagen hat. Ich mache es kurz: die Australierin hat wieder einige tolle Produzenten ins Boot geholt, die ihr hochmoderne, wirklich eingängige Sounds kreiert haben. Die Künstlerin ist zweifellos auch gut aufgelegt. Aber: mir bleibt bis auf ein paar Ausnahmen kaum ein Song im Ohr! Irgendwie hat man das doch im Dance-Pop schon oft so in der Art gehört. Das ist mir zu aalglatt und letztlich für mich leider mittelmäßig in der Gesamtheit. Oder bin ich einfach nicht nah genug an Disco, um das Album zu verstehen? Ich gebe ihm gerne noch eine Chance. Gerade in diesen Zeiten ist es ja möglich, dass wir diese Ode an das Tanzen hören sollten. Wie findet ihr also die Platte? Auf eure Meinungen bin ich sehr gespannt!
Ich war richtig gespannt auf das fünfte Solo-Werk der ehemaligen Moloko-Frontfrau Róisín Murphy, das kann man wohl sagen! Ich bin fast schon in Panik geraten, als ich es Ende September – wo ich den Release erwartete – noch nicht hören konnte. Okay, es war ja eine Woche später da und die Freude war dementsprechend groß. Die Singles des Albums, die schon im Vorfeld erschienen, hatten bei mir zu dieser großen Erwartungshaltung geführt. Ich las etwas von einer Orientierung der 47-jährigen Irin zu House und 70er-/80er-Disco. Da hätten aber auch durchaus andere Musikrichtungen stehen können, ich wäre dennoch äußerst gespannt gewesen. Denn Murphy liefert beständig hohe Qualität ab, das hat sie schon mit ihrem Ex-Partner Mark Brydon als Moloko getan und führte dies in ihrer Mitte der 2000er Jahre beginnenden Solo-Karriere fort, zusätzlich auch als Gast (z.B. auf DJ Kozes formidablen 2018er Album Knock Knock). Die vier Vorgänger-Werke waren auf ihre Art immer speziell, präsentierten eine Künstlerin, die mehr oder weniger trendige, aber stets moderne und in ihrem Charakter unkonventionelle Sounds in ihre Musik einfließen ließ, ohne diese einfach zu kopieren. Es blieb stets eine individuelle Vorgehensweise bestehen, die sich zudem zu großen Teilen vom Klangkosmos von Moloko emanzipieren konnte. Dieses selbstbewusste, extrovertierte Auftreten hat mir eh schon seither imponiert, das war ja schon immer klasse, auch zu besagten Band-Zeiten. Meine Erwartungen wurden erfüllt. Auf Róisín Machine geht es tatsächlich in housige, discoide und wavige Sound-Gefilde, die Künstlerin lässt den Tracks jeweils genügend Zeit sich zu entfalten. Das imponiert, die Vorgehensweise ist insgesamt nicht ganz so unkonventionell wie auf den Vorgängern, sondern gibt den einen klaren Befehl: „Los, fang an zu tanzen!“. Das ist alles so herrlich modern und vielseitig produziert, klingt funky, sexy und einfach cool. Hervorragend in diesen Zeiten, um sich fallen zu lassen und die Musik auf sich wirken zu lassen. Bereits jetzt große Klasse!
Okay, vor knapp zweieinhalb Jahren, zu Erscheinen der vorletzten Platte Low In High School, habe ich diese zwar in die Sparte „Kontrovers“ aufgenommen, aber ich konnte der Musik doch mehr Positives als Negatives abgewinnen – auch wenn sie qualitativ natürlich weit entfernt von Morrisseys Großtaten entfernt lag. Schon damals wollte ich mich allerdings nicht unbedingt gerne zu den sozialpolitischen Ansichten des Ex-The Smiths-Sängers äußern, da sie – nun ja – nicht wirklich immer so leicht zu verdauen sind. Manchmal wird es wirklich richtig schwer, da fühlt man sich an Aussagen einer bei uns – bestimmt nicht nur in meinen Augen verständlicherweise – äußerst umstrittenen rechten Partei erinnert. Da ich ein Mensch bin, der oft auf Harmonie bedacht ist (erklärt vielleicht die vermehrt positiven Bewertungen auf diesem Blog) habe ich ja damals noch hinterfragt, ob Morrissey nicht vielleicht doch viele Themen dieser Zeit mit Ironie und vor allem reflektiert angeht. Denn auf Low In High School hat einer der – das darf man ja irgendwie auch nicht vergessen – versiertesten Songwriter in der Historie der Popmusik ja schon ein paar gute Texte, z.B. über Konflikte und das damit verbundene Leid der Bevölkerung, präsentiert. Also, ich war noch eher positiv. Doch dann: dieses neue Album! Ich sag es direkt: ich finde es echt nicht gut! Morrissey inszeniert sich als missverstandenes Opfer der Medien, gibt allerhand Plattitüden von sich. Die Texte sind leider oft schlicht und des „Mozzer“ nicht würdig, gerade wenn man an dessen ruhmreichen Zeiten zurückdenkt. Wenn er sein Selbstbewusstsein und sein Kämpferwillen hervorheben möchte, braucht es dann wirklich jene Zeilen aus dem Titelsong I Am Not A Dog On A Chain? Oft wollen auch die Instrumentierungen für mich nicht richtig zusammenpassen (z.B. wirken die Synthies irgendwie deplatziert). Ich muss zugeben: ein paar Songs zum Ende der Platte hin klingen nicht ganz so katastrophal. Aber, es wirkt alles so inkohärent und wenig zeitgemäß. Natürlich frage ich mich, ob ich irgendwas auch nicht verstanden habe, aber wenn man das Album mehrmals hört und sich vermehrt aufregt, so kann das doch kein gutes Zeichen sein, oder?
Der Einfluss von Gil Scott-Heron – dem “Godfather Of Rap” – auf nachfolgende Musikgenerationen ist unbestritten, ebenso wie seine lyrischen Künste und seine sozialpolitischen Engagements, seinen Kampf für die Rechte von Minderheiten, was sich unter anderem in dem meisterhaften Spoken Word-Song The Revolution Will Not Be Televised ausdrückte. Anfang des letzten Jahrzehnts veröffentlichte der US-Amerikaner sein 13. Studioalbum I’m New Here (2010) nach 16 Jahren Pause. Ein Werk, das ich leider damals etwas unterschätzt habe, erst einige Zeit später habe ich die Großartigkeit entdeckt. Dies gilt auch für das von ihm in Zusammenarbeit mit dem von mir überaus geschätzten Jamie XX geremixte und ein Jahr später veröffentlichte We’re New Again, das eine wirklich fantastische Neubearbeitung. Leider war es ja dann auch das Abschiedswerk, nur ein paar Monate später, im Mai 2011, verstarb Scott-Heron. Jetzt erscheint 9 Jahre später eine weitere Neubearbeitung, diesmal initiiert von dem US-amerikanischen Jazz-Künstler Makaya McCraven. Diesem gelingt es – ähnlich wie damals Jamie XX – die Ausdruckskraft und Präsenz von Scott-Heron in ein neues musikalisches Gewand zu kleiden, ohne dass etwas verwässert oder missinterpretiert wird. Dies könnte ja schnell passieren, doch nachdem die Electronica-Version von Jamie XX schon bestechend war, ist es jene von McCraven im Jazz-Kontext ebenfalls. Vielleicht muss man zusätzlich würdigen, dass er nach Scott-Herons Tod eben eine sehr respektvolle Annäherung zu meistern hatte. Auftrag erfüllt, diese ausdrucksvollen Songs entwickeln eine Eigenständigkeit und lassen gleichzeitig die Virtuosität Scott-Herons erblühen. Schon jetzt großartig!
Ich habe hier bei den Classicszuletzt zwei Bands mit Alben besprochen, die ich als Initiatoren der 2000er Indie-/Garage-Rock-Welle ansehe: The White Stripes und The Strokes. Im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag wird die entsprechende Phase als „post-punk revival“ – wahlweise auch „new wave revival“, „garage rock revival“ oder schlicht „new rock revival“ – bezeichnet, was sicherlich zumindest den Kern trifft. Denn die Formationen, die dazu gezählt werden, haben sich die großen Vertreter jener Musikrichtungen zum Vorbild genommen, die in den oben genannten Begrifflichkeiten zum Ausdruck kommen und diesen zugerechnet werden, und haben diese Sounds auf ihre Weise neuinterpretiert. Es gab neben diesen (Post-)Punk-/Garage-Rock/New Wave-Strukturen auch Ausflüge in die unterschiedlichsten klanglichen Bereiche, zum Beispiel Rock’n’Roll, Blues oder Grunge, (in Großbritannien vor allem) in den Britpop, später auch verstärkt in die Electronica und den Worldbeat. Ja, oder generell eine Orientierung hin zum „klassischen“ Indie-Rock der 1980er und -90er Jahre in all seinen verschiedenen Varianten und Ausdrucksformen: Pixies, Dinosaur Jr., The Smiths und uvm. Natürlich ist heute der Begriff „Indie“ zu einem eher schwammigen Begriff geworden. Wenn heute etwas nicht „mainstreamig“ ist, dann wird es mit jenem Prädikat versehen. Was ist heute nicht alles „indie“? So ist es schwer, so wie ich über eine „Indie-Rock-Welle“ zu sprechen, bei deren Bezeichnung nicht jedermann klar wird, welche entsprechenden Bands und Alben gemeint sind. Die anfangs erwähnten Wikipedia-Begriffe sind daher kein Zufall. Es ist nicht immer leicht, alles zu kategorisieren, das wird auch bei meinen Zuordnungen deutlich. Ich nenne es dennoch „Indie-Rock-Welle“ und versuche entsprechende Formationen mit ihren Werken zu benennen, die in den Artikeln solchen Begrifflichkeiten wie „post-punk revival“ zugerechnet werden. Nun, wie so oft in der Pop-Geschichte ist ein Aspekt besonders wichtig. Wenn eine Stilrichtung etwas von ihrer musikalischen und sozialpolitischen Bedeutung verliert, die entsprechenden Sounds langweilig werden, dann ist es wichtig, dass Musiker/innen sich zusammenfinden, um eine Alternative zu starten, mit neuen Klängen auf sich aufmerksam machen und eine nächste Musikrichtung begründen. Im Fall der 2000er-Indie-/Garage-Rock-Welle ist es vielleicht kein konkretes Genre, sondern eher eine Bewegung, aber das spielt wohl eher eine untergeordnete Rolle. Es gibt auch nicht wenige, die mir gesagt haben, dass in der Zeit keine wirklich neue, „revolutionäre“ Musik produziert wurde, dass nur „alte“ Sounds im Retro-Gewand präsentiert wurden. Dazu möchte ich mich an dieser Stelle nicht weiter äußern. Da gibt es ein interessantes Buch von Simon Reynolds dazu. Wichtig ist, dass mit dieser Indie-/Garage-Rock-Welle eine Alternative zu jenen Musikrichtungen geboten wurde, die vorher an Relevanz verloren hatten: Nu Metal/Crossover, Euro-Dance und was es nicht alles in den 1990ern bis teilweise in die 2000er Jahre hinein hab. Ein in der Pophistorie wie bereits erwähnt normaler Prozess. Es sollte wieder „authentische“, vermehrt auf den Gitarreneinsatz bezogene Musik mit bedeutungsvollen gesellschaftsrelevanten Texten geboten werden, mit einsprechend modischen Trends (u.a. Röhrenjeans, Lederjacken), die vor allem die Jugend der damaligen Jahre ansprechen und sich andererseits von den „Älteren“ abgrenzen sollte. Vor allem die Live-Shows der Bands waren spektakulär! Ich habe allerdings schon ein paar Mal hier bei hicemusic erwähnt, dass ich diese Musik-Bewegung zunächst etwas verschlafen habe. Als die Strokes und die White Stripes auf den Plan traten, war ich passionierter Hörer von Nu Metal-/Crossover- oder auch Mainstream-Pop. Das ist in der Nachbetrachtung ein bisschen schade! Allerdings habe ich dann so 2002/2003 die hier gleich vorgestellten Indie-/Garage-/Punk-Rock/New Wave-Bands mit ihren Alben kennen und lieben gelernt. Es waren zudem die Sounds, auf die ich mich vor allem mit meiner Schwester (mit der ich einige Shows damals besucht habe) als auch meinen Freunden einigen konnte. Die Klänge haben generell meine späten Jugendjahre sowie dann meine Zwanziger – somit den Übergang von der Schule zum Zivildienst und auch noch zum Studium – geprägt und bleiben für mich aus unterschiedlichen Gründen unvergessen. Dazu äußere ich mich im Folgenden. Aus dem Grund, dass ich The White Stripes Elephant und das Debüt der Strokes (ihr zweites Album habe ich damals nicht erwähnt, weshalb es hier noch einmal auftauchen wird) schon besprochen habe, gehe ich nun auf weitere Bands ein, die zumindest aus meiner persönlichen Sicht heraus mit ihren nicht weniger wichtigen Alben hier im Zusammenhang mit dem „post-punk revival“ genannt werden müssen. Zum Schluss kommen noch Formationen mit ihren Platten zu ihren Ehren, die bedeutsam sind, aber aus Grund, dass eine ausführliche Besprechung hier den Rahmen sprengen würde, nur kurz ohne Text erwähnt werden. Ich wünsche euch viel Spaß, über entsprechende Kommentare und Schilderungen individueller Erlebnisse und Eindrücke würde ich mich sehr freuen! Vielleicht habe ich auch jemand Wichtiges vergessen 😊
Interpol – Turn On The Bright Lights / Antics
Ich bin mit den New Yorkern vergleichsweise sehr spät in Berührung gekommen, obwohl sie natürlich als eine der wichtigsten Initiatoren der Bewegung aus dieser Stadt gelten (sicherlich neben den Strokes und den Yeah Yeah Yeahs). Im Spätsommer 2002 – als das Debüt Turn On The Bright Lights da war – hatte ich sie noch nicht auf dem Schirm, war aber spätestens mit dem ebenso genialen Antics (2004) eingeweiht, fand es zunächst nicht so toll, um dann aber voll drin zu sein in dieser Musik, die vor allem durch die Stimme von Paul Banks geprägt ist. Hat bestimmt nicht nur mich an Ian Curtis denken lassen, dessen Band Joy Division sicherlich ebenso unter anderem Vorbild war wie The Smiths und The Cure. Zwei starke Alben haben Interpol da vorgelegt, wobei ich eigentlich auch noch Our Love To Admire (2007) hätte hinzu zählen sollen.
Turn On The Bright Lights
Note: 1,3
Antics
Note: 1,3
The Libertines – Up The Bracket / The Libertines
Bei den Libertines ist es ähnlich wie bei Interpol, ich habe sie sehr spät entdeckt! Es gibt eine weitere Parallele: als das zweite Werk 2004 erschien, war ich zunächst aus mir heute unerfindlichen Gründen nicht so gepackt, fand sie in der folgenden Zeit immer besser und muss gerade aus jener gegenwärtigen Perspektive heraus sagen, dass die Briten wohl zu den besten Vertretern des Genres gelten. Sie haben nicht nur mit Up The Bracket (2002) ein geniales Debüt mit herausragenden Hymnen und ebenfalls grandiosen Texten veröffentlicht, sondern mit dem selbstbetitelten Zweitwerk (2004) ein weiteres Meisterstück hinzugefügt. Vor 5 Jahren konnte ich sie nochmal live in Düsseldorf erleben, es war so schön, das unnachahmliche Songwriter-Duo Pete Doherty und Carl Barât mit den anderen Bandmitgliedern wiedervereint zu sehen!
Up The Bracket
Note: 1,0
The Libertines
Note: 1,0
Kings Of Leon – Youth And Young Manhood
Okay, das ist wohl eher ein individuelles Ding: ich bin ein Riesenfan des Debüts der US-Amerikaner! Gerade angesichts der Tatsache, dass der Sound der Followills parallel zum steigenden Erfolg stets an Qualität eingebüßt hat, muss ich eine Lanze für Youth And Young Manhood brechen! Wie toll hier die Stimme von Nathan Followill in der großartigen Rockmusik – die sich bevorzugt an Blues und Southern Rok orientiert – zur Geltung kommt! Molly’s Chambers ist beispielsweise eine Wucht!
Note: 1,7
The Strokes – Room On Fire
Ich habe ja bereits einiges zum Debüt geschrieben, das meiner Meinung nach das stärkste Album der Indie-/Garage-Rock-Welle ist. Doch was ich vielleicht hätte noch erwähnen sollen ist, dass der Nachfolger ebenso ein Klassiker ist! Muss man ja auch erst einmal hinbekommen, nach nur zwei Jahren ein fast ebenbürtiges Werk vorzulegen. Wieder richtig große Songs sind darauf zu finden!
Note: 1,3
Franz Ferdinand – Franz Ferdinand / You Could Have It So Much Better
Die Schotten Franz Ferdinand sind ohne Zweifel eine meiner Lieblingsbands. Ich weiß noch genau, wie im Frühjahr 2004 ihr Debüt herauskam, wie es in den Zeitungen gefeiert und wie eine Live-Show im Radio bei Eins Live im „Kultkomplex“ übertragen wurde. Ich war ebenfalls begeistert von solch komplex arrangierten, dabei höchst eingängigen Songs wie Take Me Out oder auch unvergessenen textlichen Großleistungen („Schampus mit Lachsfisch“). Ein Riesenalbum! Dann kam nur ein Jahr später der Nachfolger heraus, der nicht ganz die Klasse erreichte, doch ebenso überragend ist. Unter anderem eiferte man so klasse den Beatles nach (in Eleanor Put Your Boots On)!
Franz Ferdinand
Note: 1,0
You Could Have It So Much Better
Note: 1,7
Bloc Party – Silent Alarm / A Weekend In The City
Ich meine, es habe mal früher geheißen, dass die Briten live überhaupt nicht gut seien. Also, immer wenn ich sie gesehen habe, war ich hin und weg. Kele Okereke und seine Mannen haben mit Silent Alarm (2005) richtig eingeschlagen! Wie bei Franz Ferdinand hatte ich glücklicherweise die Gelegenheit sie kennenzulernen, als ihr Debüt erschienen ist und somit ihren Werdegang aufmerksam verfolgen zu können . Klar, Silent Alarm ist der Wahnsinn mit seinen an Gang Of Four oder Joy Division erinnernden Songs. Ich fand aber den experimentellen Charakter des Nachfolgers ebenso überaus fesselnd! Man mag ja von den Electronica-Elementen, die dann auf dem Drittwerk Intimacy noch mehr eingesetzt wurden, halten was man möchte, ich fand es aber immer toll, dass Bloc Party wagemutig waren!
Silent Alarm
Note: 1,3
A Weekend In The City
Note: 1,7
Maxïmo Park – A Certain Trigger / Our Earthly Pleasures
Komischerweise wird die Band aus Newcastle nicht in dem Wikipedia-Eintrag zu „post-punk revival“ erwähnt, ebenso wenig wie in der Liste des ME zu den „besten Alben des neuen Jahrtausends 2000-2015“! Dann ist das eher so eine persönliche Sache, denn meiner Meinung nach ist A Certain Trigger (2005) eine Glanztat, die interessanterweise auf dem Warp-Label erschienen ist, was sonst eher für ambitionierte Electronica bekannt ist. Hymnen, die ich damals als Anfang-Zwanziger rauf und runter gehört habe, mein von Auf und Abs geprägtes Leben damals begleitet haben. Mein Vater war damals überhaupt nicht begeistert. Seine Frage war: „Ist das auf dem Klo produziert worden?“ 😊 Der zwei Jahre später erschienene Nachfolger ist ebenfalls bezaubernd. Ich liebe Books From Boxes und Your Urge (mein Geheimfavorit)!
A Certain Trigger
Note: 1,3
Our Earthly Pleasures
Note: 1,7
Kaiser Chiefs – Employment
Von den Bands dieses Genres haben einige heute viel von ihrer Bedeutung verloren. Ich denke aber, dass für mich die Kaiser Chiefs den größten qualitativen Niedergang hingelegt haben. Klar, sie haben zwischendrin etwas aufhorchen lassen, ohne aber lange im Gedächtnis haften zu bleiben. Ach doch, einen Hit gibt es, der auf so ziemlich jeder Feierlichkeit gespielt wurde bzw. wird: Ruby. Aber schon das Album, auf dem der Song zu hören war – Yours Truly, Angry Mob (2007), der Zweitling der Kaiser Chiefs (der Name ist übrigens angelehnt an einen südafrikanischen Fußballverein) – war höchstens Mittelmaß. Aber: das Debüt Employment mit seinen Hymnen und tollen Lyrics ist richtig gut gealtert! Vielleicht ist es deshalb auch erwähnenswert!
Note: 1,7
Arctic Monkeys – Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not / Favourite Worst Nightmare
Da bleibt nicht viel weiteres zu sagen als: die Arctic Monkeys sind großartig, die Songs ihres Debüt-Albums sind gerade angesichts ihres damaligen Alters (ich sah 2006 einen Bericht, in dem sie als „Pickelgesichter“ bezeichnet wurden) unglaublich gekonnt instrumentiert, mit einer unvergleichlichen Direktheit, Souveränität und Abgeklärtheit. Was für unvergessliche Songs! Für den Nachfolger habe ich auch sehr viel übrig, da nur ein Jahr später die gute Form bestätigt werden konnte!
Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not
Note: 1,3
Favourite Worst Nightmare
Note: 1,7
Vampire Weekend – Vampire Weekend
Es ist einmal an der Zeit, eine Band zu erwähnen, deren Erstling zu einer Zeit erschien, als schon einige gefeierte Formationen des Indie-/Garage-Rock mit ihren zweiten und dritten Werken schwächelten oder gar richtig enttäuschten. Das Rezept: mehr Experimente, Öffnung zu neuen Richtungen wie Worldbeat oder Chamber-Pop. Sozusagen die akademische Version des Indie-Rocks, die aber so locker und lässig daherkommt, mit Hymnen aufwartet und zu jeder Zeit gute Laune verströmt. Man muss sich vorstellen, ich war 2008 mit einer damaligen Freundin im Kölner Gloria, wobei die Show von einer großen Örtlichkeit (ich meine es war das Palladium) in eben jene kleinere umverlegt wurde. Wir hatten ordentlich Spaß! Eine großartige Live-Band, die heute auch schon mehr Leute damit begeistern kann. Von deren Qualitäten konnte ich mich damals dann nochmal bei strömenden Regen auf dem Hurricane Festival 2010 überzeugen! Wie großartig Vampire Weekend sind, haben sie dieses Jahr nach zwei weiteren fantastischen Alben unter Beweis gestellt.Father Of The Bride ist nach wie vor meine Platte 2019!
Metronomy haben ein neues Album draußen, nach drei Jahren Pause. Was ich mich in diesem Zusammenhang im Vorfeld gefragt habe ist, ob Joseph Mount wieder eher einen Alleingang wie auf dem letzten Werk, das auf die eigene Bandvergangenheit referenzierende Summer 08, unternimmt. Oder hat er seine Mitstreiter/innen wieder mehr mit eingebunden? Schon eine wichtige Grundsatzfrage für mich, da ich mit besagtem Album bis heute weniger anfangen kann als mit dem zackigen, immer noch fantastischen Vorgänger Love Letters (2014), der dem Klassiker The English Riviera (2011) in Nichts nachsteht. Da war eben unter anderem ein großartiger Auftritt auf dem Hurricane Festival vor fünf Jahren, als alle Bandmitglieder eine launige, das Publikum anheizende Show ablieferten. Die Musik war Pop in Reinform, der verschiedene große Momente von dessen Geschichte mit der Gegenwart – hauptsächlich Electronica-Elemente (u.a. Chillwave) – sozusagen in Einklang brachte. Dem entgegengesetzt steht die Quasi-Solo-Unternehmung Summer 08, die schon okay war, mich aber nicht ganz gecatcht hat. Mittlerweile weiß ich, dass Joseph Mount seine Mitstreiter/innen wieder mehr in die Arbeit eingebunden hat, was sich tatsächlich positiv auf den Gesamtsound ausgewirkt hat. Denn die Songs schaffen wieder eine insgesamt gut funktionierende Balance von Electronica und (Indie-)Pop, formidabel instrumentiert und rhythmisiert. Dabei kommen dann so tolle Nummern raus wie Salted Caramel Ice Cream oder Lately. Erneut werden die vielen Facetten beider „Musikwelten“ gekonnt beleuchtet, auch der eigene Bandsound zitiert. Das ist dann im Gesamten nicht so groß wie auf The English Riviera oder Love Letters, doch Spaß macht es auf jeden Fall. Vielleicht wäre mal wieder ein Konzertbesuch angesagt!