HAIM – Women In Music Pt. III

VÖ: 26.06.2020

Label: Vertigo

Genre: Pop(-Rock) / R&B

Ich habe letzte Woche bei der ARD-Sendung ttt – titel, thesen, temperamente mit dem wunderbaren Max Moor einen Beitrag zu HAIM, dem Trio aus Los Angeles, gesehen. Es war wirklich spannend, was dort berichtet wurde. Denn der Titel des dritten Albums Women In Music Part III beispielsweise sei ein klarer Fingerzeig an jene Journalisten, die der Band die tatsächlich oberdämliche Frage stellen würden, wie es denn als Frau sei Musik zu machen. Da verstehen es die Haim-Schwestern eben ,die passende Reaktion zu zeigen. Generell wurde ein großes Lob hinsichtlich der musikalischen Qualität ausgesprochen. Die Kritiken sind überaus positiv ausgefallen, Höchstwertungen sind wirklich keine Seltenheit. Es ist allerdings auch auffällig, wie es HAIM nach den beiden wirklich guten Vorgängern erneut gelingt, die Einflüsse aus der Historie des Pop  mit verschiedenen anderen Spielarten locker zu synthetisieren und in ein modernes Gewand zu kleiden. War auf dem Vorgänger Something To Tell You (2017) noch ein Schwerpunkt auf Soft-Rock/(Synthie-)Pop gelegt, der schon mit vielen weiteren musikalischen Elementen originell vermengt wurde, so wird auf Women In Music Pt. III so richtig geliefert. Okay R&B, Funk und Soul als weitere Klangquellen sind jetzt keine Neuheit bei HAIM, aber es zeigt sich, wie fokussiert und detailliert Haim sich mit der Pop-Geschichte auseinandergesetzt haben und diese Klänge mit anderen Stilen wie Jazz, Folk etc. zusammenzubringen. Da hört man so viel raus: von Fleetwood Mac, Joni Mitchell, über Prince bis zum R&B der 1990er-Jahre im Stile von TLC…und das sind nur Auszüge der Einflüsse. Ich habe sogar kurz mal an Donna Lewis (kennt noch jemand I Love You Always Forever?) oder Shania Twain gedacht. Es wird nicht einfach einfallslos kopiert, sondern so eingebaut, dass man die Musik dennoch als HAIM-Markenzeichen ansehen kann. Dann sind natürlich auch die Texte zu erwähnen: die drei Schwestern geben sehr viel Persönliches preis (die Krebserkrankung eines Freundes, der Unfalltod einer Freundin u.a.), bringen ihr Selbstbewusstsein zum Ausdruck, sind aber ebenso unglaublich selbstkritisch. Diese unverkrampfte – ja authentische – Herangehensweise zeichnet das Album aus. Es ist perfekter Pop mit ausgezeichnetem Gesang und einer ebenfalls beeindruckenden Instrumentation. Es ist vielleicht kein Zufall, dass ich da an das großartige Vampire Weekend-Album Father Of The Bride aus dem letzten Jahr denken muss, auf dem Danielle Haim ja einen bleibenden Eindruck als Gastsängerin hinterlassen hat. Ex-Mitglied Rostam Batmanglij hat übrigens Women In Music Pt. III mitproduziert. Auch hier eine ausgezeichnete Arbeit. Ich bin zwar noch nicht ganz gehypt, aber das Album ist jetzt schon ganz ganz groß, auf jeden Fall!

Note: 2,0 (mit Potential nach oben)

http://haimtheband.com/

 

HAIM – Something To Tell You

VÖ: 07.07.2017

Label: Vertigo

Genre:  Pop(-Rock)

So ab und zu hört man diesen alten Song im Radio, zumindest wenn man hier im Westen Deutschlands die Sender WDR 2 (der sich ja hauptsächlich an die 25- bis 59-Jährigen richtet) und WDR 4 (seit dieser keine Schlagerstation mehr ist und verstärkt internationale „Oldie“-Hits spielt) hört. Er heißt Valerie und stammt von dem 1982 veröffentlichten Album Talking Back To The Night. Sänger ist der tolle Sänger und ausgesprochen vielseitige Instrumentalist Steve Winwood, den man sicherlich auch als Mitglied von Bands wie der Spencer Davis Group, Traffic oder Blind Faith kennt. Aber eben auch seine Solowerke haben einen hohen Wiedererkennungswert. Einigen Hörern wird der Refrain des oben erwähnten Songs hauptsächlich aus dem Grund bekannt sein, da Eric Prydz den Refrain in seinem 20004er-Nu-Disco/House-Hit Call On Me sampelte (ja genau, den mit dem erotischen Aerobic-Video). Dieser Valerie gehört der Meinung von hicemusic nach zu jenen Mainstream-Songs der 1980er, die er immer wieder gerne hört. Gewiss nur eines dieser Beispiele, generell gibt es da ein paar Vertreter aus dem (Synthie-)Pop-/(Soft-)Rock- und Blue-Eyed Soul-/R&B- und Funk-Bereich, an denen man durchaus Gefallen finden, einige auch lieben kann (Stichwort: Alannah Myles‘ Blues-Rock-Kracher Black Velvet). Die drei Schwestern Este, Danielle und Alana Haim haben sich scheinbar vordergründig dem Adult Contemporary verschrieben, der seinen Ursprung in den 1970er Jahren im Soft Rock mit Ikonen wie Fleetwood Mac hat, die auch schon von ihnen gecovert wurden und  mit deren Musik sie oft in Verbindung gebracht werden. Das Haim-Debüt Days Are Gone (2013) bot klasse eingängige Songs, die wirklich Laune bereiteten, moderne mit besagten 1970er/-80er-Sounds stilvoll kombinierten. Die Kritiker waren hellauf begeistert (Pitchfork zählte das Album beispielsweise zu den „100 Best Albums  of the Decade So Far“). Auf dem Nachfolger Something To Tell You – der zwar nicht das hohe Niveau des Debüts erreicht, dennoch wieder frische, Vergnügen bereitende Musik bereit hält – kommen neue Pop-/Rock-Elemente hinzu. Vor allem TLC und Destiny’s Child scheinen da einen großen Einfluss auf das neue Soundgewand zu haben. In Kombination mit den 1970-/-80er-Sounds und modernen Klängen ist das Ergebnis zwar nicht allzu anspruchsvoll (vor allem auf textlicher Ebene), macht dennoch Spaß, oft so wie anfangs erwähnte Hits von vor 30 bis 40 Jahren. Sollte man sich mal anhören!

Note: 2,3

http://haimtheband.com/

 

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