Leftfield – This Is What We Do

VÖ: 02.12.2022

Label: Virgin

Genre: Electronica / House

Zum Abschluss des Jahres 2022 möchte ich mich mit einem Album befassen, dass von einer britischen Institution veröffentlicht wird, die einflussreich für die verschiedensten Acts der elektronischen Musik und darüber hinaus war, ja sogar ein eigenes experimentelles Genre mit dem Bandnamen begründete: Leftfield. Nun, es gab diese beiden Alben in den 1990er-Jahren: das geniale Leftism (1995, mit Klassikern wie Open Up, Song Of Life, Original oder Release The Pressure,ich liebe bis heute auch den Chillout-Kracher Melt) und das ebenfalls wunderbare Rhythm & Stealth (1999, auch hier gab es Schätze wie Afrika Shox, Dusted, Phat Planet oder Swords). Diese Werke machen heute noch deutlich, dass hier zukünftige Sound-Strukturen der experimentellen Electronica vorweggenommen wurden und sie auch gut gealtert sind. Vor knapp 8 Jahren gab es dann ein Quasi-Solo-Album von Neil Barnes, da das andere Gründungsmitglied des Duos – Paul Daley – ausgeschieden war: Alternative Light Source. War irgendwie gut, auch wenn der Drive der frühen Jahre schon fehlte. Naja, waren ja auch ganze 16 Jahre vergangen! Jetzt hat Barnes zusammen mit Adam Wren wieder eine Platte produziert: This Is What We Do. Man mag hier irgendwie schreiben, dass der Titel wörtlich zu nehmen ist, mit dem Zusatz: „…but for many years in the same style“. Denn auch wenn die Sounds teilweise ihre Wirkung erzielen, ist mir bewusst, weshalb viele Kritiker*innen dieses Werk eher verhalten bewertet haben: das gab es von Leftfield und anderen Genre-Vertretern der Electro-Szene eben auch früher in den Neunzigern schon. Wenn dann ein Bezug zur Gegenwart fehlt, dann ist das eben weit weniger beeindruckend. Ich bin deshalb auch eher „unterwältigt“ von diesem Album. Das haben verwandte Acts wie Orbital jüngst überzeugender und zeitgemäßer hinbekommen. Nun: was haltet ihr davon? Zieht es euch auf die Tanzfläche oder animiert es euch eher zum Rumstehen im Club? Ich bin gespannt auf eure Meinungen!

Note: 3,0

https://www.leftfieldmusic.com/ 

Daft Punk – Homework

VÖ: 20.01.1997

Label: Virgin

Genre: (French) House / Electronica / Dance

In der jüngsten “Classics”-Besprechung der beiden ersten LCD Soundsystem-Werke wurde ein Hit des James Murphy-Kollektivs erwähnt:  Daft Punk Is Playing At My House. In ihm wird neben der namentlichen Nennung  im Titel auch im Text, in der Ausgestaltung des Sounds und im Video Bezug auf ein legendäres französisches Duo genommen  – abgesehen davon, dass James Murphy schon in seiner Debütsingle Losing My Edge behauptete, er habe es als Erster den „Rock Kids“ vorgestellt. Ich würde mal sagen, dass jeder oder zumindest sehr viele – selbst jene Musikfans, die lieber Rock und Pop oder andere Stilarten außer Electronica, House und Dance hören bzw. letzteren wenig abgewinnen können – mittlerweile seit mindestens 4 Jahren wissen, wer Daft Punk ist, ihr Markenzeichen kennen: die Helme*. Da gab es ja diesen einen Megahit mit Pharrell Williams und Nile Rodgers…Nun ja, darauf kommen wir später noch einmal zurück! Man muss sich noch einmal vergegenwärtigen, wie lang Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas  Bangalter als besagter Act aktiv sind, fast 25 Jahre! Wie manche der französischen Musikkollegen aus der Zeit der frühen bis mittleren 1990er Jahre (z.B. Air) begannen beide in sehr jungen Jahren mit Rock. Zusammen mit dem heutigen Phoenix-Gitarristen Laurent Brancowitz nannten sie sich Darlin‘, deren Sounds ein Redakteur des Melody Makers wenig schätzte, er bezeichnete sie als „A daft punky thrash“. Nun ja, es ist ersichtlich, was passierte, nicht lange danach war das hier besprochene Duo geboren, das in den früheren, eher konventionelleren Klängen keine Zukunft sah, sich dem weiten Feld der elektronischen Musik widmete, neue Wege eingehen wollte. Vor allem was für welche! Während die französischen Landsleute Air großartige Ambient/Downtempo-Sounds erkundeten, ging es hier in Richtung House/Techno, was später wegen Daft Punk und Kollegen wie Cassius, Étienne de Crécy, Mr. Oizo, Alex Gopher u.a.  als „French House“ bekannt wurde. Die früheren Tracks ließen schon erahnen, wie kompromisslos, progressiv, nach vorne treibend, dabei auch eingängig  das dann 1997 erschienene, im Schlafzimmer von Bangalter selbst produzierte Debüt Homework werden würde (sie waren dann, u.a. in umgearbeiteter Form auf diesem enthalten). Es wurde nicht zu viel versprochen, alles an dem Album, egal ob die Sounds, die legendären, unvergesslichen Videos der Singles Da Funk und Around The World  (von großartigen Regisseuren wie Spike Jonze und Michel Gondry inszeniert), –  ach – einfach alles begeistert mich heute noch. Das Werk gehört in meinen Augen neben Airs Moon Safari zu den besten französischen, jedoch ebenso generell  zu den größten Tonträgern der 1990er Jahre, ist ein Top5-Kandidat meiner persönlichen All-Time Favourite-Liste! Hier wurden Electro- wie Rock-Fans gleichermaßen infiziert, die (vermeintlich?) so zerstrittenen Lager vereint (wie es damals auch den Chemical Brothers, The Prodigy oder sehr viel später auch Justice gelang).  Na klar, heute kennen die Franzosen so viele wegen oben gemeinten, 2013 veröffentlichten Get Lucky, dieses „Massentaugliche“ wurde jedoch schon mit Around The World erreicht, spätestens ja dann mit dem – in meinem Augen immer noch wundervollen, wie Random Access Memories den Disco-Sounds frönenden – Nachfolger Discovery (mit One More Time, Aerodynamic, Digital Love und Harder, Better, Faster, Stronger etc.). Dass Homework auch Kreise außerhalb der French House-Lager erreichen konnte, wird durch meine persönlichen Erlebnisse gestützt. Ich habe Daft Punk das erste Mal in einer Sendung sehen können, die leider nicht sehr lange bestand und sich an ein Charts-orientiertes als auch an unkonventionelleren Sounds interessiertes Publikum richtete: das von Thomas Germann moderierte WDR-TV-Format Hit Clip. Neben Videos von unterschiedlichen Acts wie Oasis, No Doubt, Scatman John und Babylon Zoo (Spaceman) lief dort eben auch dieses in einem Take gedrehte Kunstwerk Around The World. Damals noch nicht ganz das Potential erkennend, war es mir später gelungen zu begreifen, was für eine fantastische Band Daft Punk ist. Vor allem wie genial und einflussreich Homework ist. Hypnotisch, tanzbar und absolut seelenvoll!

Note: 1,0

 

P.S.: Wer einmal sehen möchte, was für Könner de Homem-Christo und Thomas  Bangalter sind, sollte sich unbedingt die aufschlussreiche Dokumentation Unchained ansehen! Dort ist beispielsweise zu sehen, wie Bangalter 1996 in Wisconsin ein umjubeltes Set spielt, mit vermeintlich einfachsten Mitteln einen riesigen Effekt erzielt. Gänsehaut pur (wie Produzent Todd Edwards richtigerweise in dem Film sagt)!

*Es gibt im Booklet zu Homework ein Bild zu sehen, auf dem die beiden Mitglieder ohne den Helm zu sehen und ihre Gesichter ansatzweise zu erkennen sind, zudem jeweils ein Kinderfoto.     

https://www.daftpunk.com/

 

Leftfield – Alternative Light Source

VÖ: 05.06.2015

Label: Infectious

Genre:  House / IDM / Dub

Es ist ja momentan für Musik-Acts mit Legendenstatus wieder sehr en vogue, sich nach einer gefühlten Ewigkeit zurück zu melden und womöglich sogar noch eine Platte mit neuen Songs zu präsentieren. Dies reicht in alle Gattungen hinein (siehe Blur oder Faith No More). Auch in der Electronica-Szene kann man diese Tendenzen in den letzten Jahren stark beobachten. So gab es Lebenszeichen von u.a. Daft Punk, Boards Of Canada und Aphex Twin (ganz zu schweigen von Giorgio Moroder!). Jetzt taucht ein Name auf, der zumindest Genre-Kennern ebenso ein Begriff sein sollte: Leftfield. In den 1990er Jahren veröffentlichten Neil Barnes und Paul Daley zwei Alben (Leftism und Rhythm And Stealth), die von Kritikern zu Recht in höchsten Tönen gelobt wurden und bis heute einen starken Einfluss auf die verschiedensten Produzenten jeglicher Spielarten der elektronischen Musik ausüben (es gibt gar ein Genre, das in Anlehnung an den Stil der Formation benannt wurde). Tracks wie Open Up, Song Of Life, Release The Pressure, Melt oder Afrika Shox kennt man eventuell entweder aufgrund der Videos im (damals noch vorhandenen) Musikfernsehen, des Einsatzes auf diversen Ambient/Chillout-Compilations sowie Soundtracks oder der markanten Gast-Beiträge (u.a. Afrika Bambaataa, Roots Manuva, John Lydon, Toni Halliday oder Earl Sixteen). Nun ist Leftfield zurück, nach sage und schreibe 16 Jahren! Allerdings handelt es sich dabei nicht mehr um ein Duo, sondern ein Solo-Projekt von Barnes. Der zu erwartenden Frage, ob sein Sound noch den Maßstäben der aktuellen Entwicklungen der Electronica entspricht, kann man Folgendes entgegnen: Ja…zumindest zum großem Teil. Es gibt auf Alternative Light Source einige Beispiele zu hören, die zwar nicht die Qualität der oben erwähnten Klassiker erreichen, aber auf denen Barnes die Möglichkeiten des progressiven House und Dance im Mix mit Dub (der im Ergebnis seit jeher ein Markenzeichen von Leftfield dargestellt hat) erforscht und in ein modernes Gewand, tanzkompatibel, schön vorwärts treibend und abwechslungsreich verpackt hat. Außerdem helfen erneut tolle Gäste aus (u.a. Tunde Adebimpe von TV On The Radio, Poliça-Sängerin Channy Leaneagh oder die Sleaford Mods)!

Note: 2,3

http://leftfieldmusic.com/

 

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