Queens Of The Stone Age – In Times New Roman…

VÖ: 16.06.2023

Label: Matador

Genre: Alternative-/Stoner-Rock

Ich hatte heute auf der Arbeit einen sogenannten „Teamtag“, in dessen Rahmen wir uns auch gegenseitig vorstellten, da das Kollegium momentan aus vielen Neuen besteht. Es war ein Fragebogen auszufüllen, unter anderem die Frage nach der Lieblingsband. Ich musste gefühlt keine zwei Sekunden warten, um eine passende Antwort zu finden. Ich habe einige Favoriten, aber eine seit über einem Viertel-Jahrundert bestehende Formation aus Seattle hat es mir besonders angetan: Queens Of The Stone Age. Dies ist unabhängig von der Besetzung zu sehen, wobei ja der großartige Frontmann Josh Homme das einzig verbliebene Gründungsmitglied ist. Klar, diejenige zu Zeiten des Meilensteins Songs For The Deaf war mit ihm, aber auch Dave Grohl, Nick Oliveri, Mark Lanegan sowie weiteren fabelhaften Mitmusiker*innen und -streiter*innen (Natasha Shneider, Dave Catching etc.) die Bombastischste, aber ebenfalls auf den anderen Werken waren tolle Personen dabei. Vor allem: ich höre die Musik zu jeder Zeit, zu jeder Gelegenheit, zu jedem Wetter, in jeder Ortschaft und und und…Es hat mir auch nichts ausgemacht, dass die Queens Of The Stone Age auf dem Hurricane Festival 2013 nur so kurz gespielt haben. Ich habe kürzlich den Live-Auftritt der diesjährigen Ausgabe bei Arte gesehen und habe mir irgendwie gewünscht, wieder dort vor Ort zu sein, so gebannt war ich von der mitreißenden Performance von Homme und Co. Er spielte natürlich die Klassiker, aber eben auch neue Songs, die sich auf dem achten Album In Times New Roman… befinden. Ich fand sie sofort gut. Und mittlerweile gehört es sicherlich zu den meistgehörten Alben dieses Jahres von mir! Es bildet mit dem bereits zehn Jahre alten …Like Clockwork und Villains (2017) eine Trilogie, allerdings wird sich in Sachen Soundbild umorientiert bzw. man nähert sich vor allem den alten Tagen der Rated R– und Songs For The Deaf-Phase Anfang dieses Jahrtausends an. Gewürzt wird dies mit viel Psychedelia und einigen Experimenten. Dies schlägt sich in den vielseitigen Arrangements und tollen Melodien nieder (z.B. dieser schöne 70er-Glam-Rock-Touch im Refrain der Single Emotion Sickness). Das beeindruckt sehr, vor allem weil Homme textlich ziemlich klar ist. Er hatte scheinbar einiges zu verarbeiten (Scheidung von Brody Dalle, seine überwundene Krebserkrankung letztes Jahr, Tod einiger Wegbegleiter wie Mark Lanegan und Taylor Hawkins etc.). Richtig starkes Comeback von den Queens Of The Stone Age, was für mich erneut deutlich macht, warum sie meine Favorites sind und bleiben!

Note: 2,0   

https://qotsa.com/

               

Alison Goldfrapp – The Love Invention

VÖ: 12.05.2023

Label: Skint

Genre: Nu-Disco / Synthie-Pop / Electronica

Liebe Alison Goldfrapp,

ich war schon Fan Ihrer Musik, als ich Videos im Fernsehen Anfang der 2000er Jahre gesehen habe, zum Beispiel ihre Features auf dem phänomenalen In Sides von The Orbital. Nicht zu vergessen die ersten Berührungspunkte mit den Sounds Ihrer Band mit Will Gregory, natürlich spreche ich von Goldfrapp. Als ich erstmals den Song Utopia hörte, war ich hin und weg. Ein Geniestreich, den Sie beide dort hingezaubert haben! Und dann erst das dazugehörige Album Felt Mountain, mit diesem unwiderstehlichen Mix aus Electronica, Ambient, Pop, Cabaret, Folk und diesem Soundtrack-Feeling, das es erzeugte. Ein unvergessener Meilenstein, bestimmt nicht nur für mich! Wunderbar fand ich auch diesen doch recht straighten Wechsel zu Disco, Synthie-Pop und generell Electroclash und viel 80’s-Flair, den Sie und Mr. Gregory auf dem Nachfolger Black Cherry vollzogen haben. Mutig war es, aber es hat sich gelohnt. Die fünf Nachfolger, die sie bis 2017 produzierten haben mich immer noch überzeugen können, da Sie einen doch immer wieder zwischen diesen  – ich gebe zu vereinfacht gesagt – Polen des Ambient und des Nu-Disco variiert haben, eine passende Balance aus Experiment und Unterhaltung,  doch dabei stets neue Ideen präsentierten, Songwriting at its best! Ich habe dann – nachdem ich mich schon fragte, wie es mit Goldfrapp weitergeht und ich Ihre Features, vor allem jenes auf dem ersten Profound Mysteries letztes Jahr, herausragend fand– vor ein paar Monaten recht plötzlich vernommen, dass Sie dieses Jahr Ihr erstes Solo-Album veröffentlichen. Ihre Liebe für 80er-Sounds bringen Sie da wieder ganz klar zum Ausdruck, mit wunderbaren Instrumentationen und echt lässigen, charmanten und coolen Moroder-artigen Klängen. Wenn auch für mich Ihr Goldfrapp-Debüt und Black Cherry unerreicht bleiben, eines weiß ich ganz genau: ich bleibe weiterhin ein großer Fan – von Ihnen als auch Ihrer Musik. Machen Sie bitte weiter so!

Ihr hicemusic

Note: 2,3

https://www.alisongoldfrapp.com/

             

Everything But The Girl – Fuse

VÖ: 21.04.2023

Label: Virgin

Genre: (Electro-/Sophisti-/Indie)-Pop / R&B / Soul / Downtempo

Der bis heute fantastische Song Missing – insbesondere im noch effektiveren Todd Terry Remix – steht in meinen Augen repräsentativ für einen Radio-Hit, der bis heute nichts von seiner Kraft verloren hat (ich habe letztes Jahr in der „hicemusic Live Show“ mal zwei Sendungen zu den „All Time Favorite Radio Songs“ gemacht; den Song habe ich – meiner Erinnerung nach – dort allerdings leider nicht gespielt). Kommt ja wirklich noch heute im Radio (auch auf „Mainstream-Stationen“ wie WDR 2). Hinter diesem Song-Wunderwerk stand Mitte der 1990er Jahre das britische Duo Everything But The Girl – bestehend aus dem Ehepaar Tracey Thorn und Ben Watt (ihre Beziehung haben sie in der ersten Bandphase zwischen 1982 und 2000 geheim gehalten). Das achte Studio-Album Amplified Heart (1994) bot darüber hinaus weitere grandiose, progressiv ausgerichtete Folk-Pop-Songs sowie allgemein innovative Ideen für nachfolgende Bands. Dabei hat sich die Formation im Nachhinein ja irgendwie den eigenen individuellen Stil erhalten können, was auch auf den Solo-Alben von Thorn und Watt nachzuhören war, nach zwei weiteren Studio-Alben – Walking Wounded (1996) und Temperamental (1999) – sowie der folgenden Auflösung. 2021, nachdem sich vor allem um das Familienleben gekümmert wurde, und zwei Dekaden – abgesehen von besagten jeweiligen Unternehmungen in Solofunktion und Re-Releases alten Band-Materials – musikalisch von Everything But The Girl nichts zu hören war, fand man auch in kreativer Hinsicht wieder zusammen. Ein Jahr später wurde ein Comeback-Album für 2023 angekündigt. Versprechen eingehalten. Zum Glück ist es – so viel sei verraten – äußerst gelungen, weil ein gewohnt unverkrampfter, in keiner Weise irgendwie öffentlichkeits-heischender Weg gewählt wird. In den Songs – mit modern produzierten, von der Stimmung unterschiedlich gelagerten Sounds im Spannungsfeld von Pop, Electronica, Downtempo und R&B/Soul, und natürlich mal wieder wundervoll gesanglich untermalt von Thorn  – wird sich mit Themen beschäftigt, die aus der persönlichen Perspektive der beiden Briten formuliert sind, z.B. mannigfaltige Gefühlszustände im Angesicht der derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnisse. Naja, neben der Corona-Zeit gibt es ja sicherlich einiges nachzuholen, über das man vor allem als Everything But The Girl erzählen kann, nach fast einem Vierteljahrhundert Pause. Ich mag neben der ersten Single Nothing Left To Lose vor allem auch Run A Red Light!

Note: 2,0           

https://ebtg.com/

Depeche Mode – Memento Mori

VÖ: 24.03.2023

Label: Columbia

Genre: Synthie-Pop / Alternative-/Electro-Rock

Ich kann mich noch gut erinnern: es war 1997, als auf einer Bravo Hits – Compilation das großartige Lied Barrel Of A Gun enthalten war. Ja, Ihr – liebe Leser – werdet Euch fragen, eine absolut kommerzielle Mainstream-Songsammlung bringt ihn mit dieser legendären Formation in Kontakt? Hmmm ja… ich würde gerne etwas anderes erzählen, aber dies war der Fall. Ich hatte sicherlich mal was von Just Can’t Get Enough oder Enjoy The Silence gehört, aber konnte das sicherlich nicht Depeche Mode zurechnen. Mit 13 Jahren war ich einfach zu sehr im Charts-Mainstream verstrickt. Aber mit Hilfe meines Vaters wurde ich in der Folge mit der Musik abseits bekannter Pfade vertrauter gemacht, unter anderem – wie sollte es anders sein? – eben mit den Depeche Mode-Sounds. Heute bin ich wie so viele Menschen auf dieser Welt ein glühender Verehrer! Dann kommt der Umstand dazu, dass das neue Album Memento Mori genauan meinem Geburtstag erschienen ist. Nun, wie ist es denn abgesehen davon, aus rein – hüstel – objektiver Sicht? Es ist ja einiges seit dem letzten Werk Spirit (2017) passiert und der bewährte Veröffentlichtungs-Turnus (seit 1993 sind alle 4 Jahre Alben von Depeche Mode erschienen) wurde dieses Mal nicht eingehalten. Kein Wunder, ist doch unter anderem letztes Jahr Langzeitmitglied Andy Fletcher verstorben (R.I.P.). Wie so oft kann aus tragischen Momenten aber richtig gute Musik erwachsen und dies ist auch auf Memento Mori passiert! Es ist klar, dass das Thema hier vorgegeben ist, aber es werden weitere wundervoll-reflektierte und selbstkritische Sichtweisen auf Lebensereignisse und Grundsatzfragen geworfen. Es ist sicherlich so, dass Fletcher eine vermittelnde Rolle zwischen den langjährigen „Streithähnen“ Dave Gahan und Martin Gore eingenommen hat, doch gerade angesichts seines Verlustes scheinen die beiden Musiker sich zusammengefunden zu haben. Denn auch musikalisch ist das hier wirklich stark, instrumental und melodietechnisch abwechslungsreich ausgestaltet und zeitgemäß produziert. Wunderbar, also meiner Meinung nach auch aus …äh…objektiver Sicht. Naja, Ihr wisst bestimmt schon, was ich meine! 😊

Note: 2,0

https://www.depechemode.com/

  

       

Deichkind – Neues vom Dauerzustand    

VÖ: 17.02.2023

Label: Sultan Günther

Genre: Electro(-Rock/-Punk-/Clash/-Pop)

Die im letzten Jahr bereits veröffentlichte Single In der Natur hat mich mit ihrem grandiosen Musik-Video (für mich das beste aus 2022) in vollstem Maße catchen können. Da kommen halt erneut alle Stärken der Hamburger zum Tragen, für die ich sie seit jeher schätze: diese feinsten, stets den Zahn der Zeit treffenden, nach vorne pushenden Electro-Sounds, diese überaus originellen, gesellschaftliche und popkulturelle Phänomene kommentierenden und auseinandernehmenden Texte und Wortspiele/-witze sowie die die Band immer wieder definierende visuelle Komponente. Man muss sich ja mal vergegenwärtigen, dass die Deichkinder um das verbliebende Gründungsmitglied Philipp Grütering seit der Gründung Ende der 1990er Jahre nicht nur einen absolut respektablen Genre-Wechsel von Hip-Hop zu Electro vollzogen haben, sondern seitdem auch stets bedeutsam geblieben sind, seien es auch nur diese Slogans und anders im Gedächtnis gebliebenen Textzeilen aus Songs wie Bon Voyage, Remmidemmi (Yippie Yippie Yeah), Arbeit nervt, Leider geil, Richtig gutes Zeugs oder Bück dich hoch. Das neue Werk Neues vom Dauerzustand bietet neben der besagten tollen Single In der Natur weitere kraftvolle Songs, die zuvor beschriebene Stärken in puncto Musik und Texte vereinen kann. Vor allem nimmt man das eigene Schaffen schön selbst aufs Korn. Der positive Eindruck stellt sich im Besonderen in der ersten Hälfte ein, mit unter anderem Auch im Bentley wird geweint (feat. Clueso) und Lecko mio. Allerdings muss ich dem entgegensetzen, dass die Songs zum Ende hin nicht ganz so stark sind, da sie in ähnlicher Form schon bekannt sind bzw. sich (noch) nicht so ganz in meinem Ohr festgesetzt haben. Das ist allerdings auch Meckern auf hohem Niveau, denn das Album ist insgesamt schon echt überzeugend. Schon wieder muss man ja sagen!

P.S.: Im Musikexpress gab’s die Höchstwertung von sechs Sternen, nicht schlecht!  

Note: 2,3 (mit Potential nach oben)  

https://www.deichkind.de/

Iggy Pop – Every Loser

VÖ: 06.01.2023

Label: Atlantic

Genre: (Punk-/Hard-)Rock

Schöner Einstieg ins Jahr 2023! Der „Godfather of Punk“ meldet sich zu Wort, und das ist ja immer schon mal mit Spannung verbunden. Mit was für einer Idee kommt der Meister nun wieder auf uns zu? Nun gut, das von Josh Homme produzierte und in Zusammenarbeit mit Dean Fertita (wie Homme ebenfalls Queens Of The Stone Age) und Matt Helders (Arctic Monkeys) entstandene 2016er-Album Post Pop Depression war schon echt klasse, darauf konnten sich auch die Kritiker*innen weitgehend einigen. Doch sonst war es zumeist eher eine kontroverse Angelegenheit mit Iggy Pop, man denke da nur an so ein paar Werke der letzten 4 Jahrzehnte, beispielsweise aus den 2000ern, wie Beat ‘Em Up (2001) oder das Jazz-Album Préliminaires (2009). Dabei war er stets stilistisch breit aufgestellt. Nun gut, mein Einstieg mit dem 75-jährigen Künstler und The Stooges-(Proto-)Punk-Helden war auch nicht unbedingt „unkompliziert“ damals, denn ich erinnere mich an einen legendären Live-Auftritt, den ich als kleines Kind im Fernsehen sah. Iggy Pop hatte nur eine Lederhose an, der er sich dann auch tatsächlich noch entledigte. Ein komplett entkleideter Sänger als Anblick war dann doch „zu viel des Guten“ für mich in diesen jungen Jahren! Die Musik konnte ich wohl nicht genug würdigen. Mittlerweile ist dieser Künstler natürlich ein Begriff für mich und ich bewundere die Kreativität des Künstlers. Auf Every Loser widmet sich Iggy Pop mal nicht vordergründig dem Experiment, sondern gibt sich „klassisch“ auf die Suche nach den eigenen Punk-Wurzeln, ohne viel Geschnörkel. Produziert wird das alles von Andrew Watt, der mit seinen Arbeiten sonst eher im Pop zu verorten ist, der die Songs auf Every Loser aberwirklich gut im Punk-Gewand zum Ausdruck bringen kann. Unterstützt wird er unter anderem von Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Josh Klinghoffer (u.a. ebenfalls Red Hot Chili Peppers, aber auch Pearl Jam), Travis Barker (Blink-182), der leider verstorbene Taylor Hawkins (Foo Fighters, R.I.P.) und Dave Navarro (Jane’s Addiction, Red Hot Chili Peppers). Das Album stellt keine Sensation dar, aber ist trotzdem unterhaltsam und wie gesagt modern produziert!

Note: 2,3   

   

Leftfield – This Is What We Do

VÖ: 02.12.2022

Label: Virgin

Genre: Electronica / House

Zum Abschluss des Jahres 2022 möchte ich mich mit einem Album befassen, dass von einer britischen Institution veröffentlicht wird, die einflussreich für die verschiedensten Acts der elektronischen Musik und darüber hinaus war, ja sogar ein eigenes experimentelles Genre mit dem Bandnamen begründete: Leftfield. Nun, es gab diese beiden Alben in den 1990er-Jahren: das geniale Leftism (1995, mit Klassikern wie Open Up, Song Of Life, Original oder Release The Pressure,ich liebe bis heute auch den Chillout-Kracher Melt) und das ebenfalls wunderbare Rhythm & Stealth (1999, auch hier gab es Schätze wie Afrika Shox, Dusted, Phat Planet oder Swords). Diese Werke machen heute noch deutlich, dass hier zukünftige Sound-Strukturen der experimentellen Electronica vorweggenommen wurden und sie auch gut gealtert sind. Vor knapp 8 Jahren gab es dann ein Quasi-Solo-Album von Neil Barnes, da das andere Gründungsmitglied des Duos – Paul Daley – ausgeschieden war: Alternative Light Source. War irgendwie gut, auch wenn der Drive der frühen Jahre schon fehlte. Naja, waren ja auch ganze 16 Jahre vergangen! Jetzt hat Barnes zusammen mit Adam Wren wieder eine Platte produziert: This Is What We Do. Man mag hier irgendwie schreiben, dass der Titel wörtlich zu nehmen ist, mit dem Zusatz: „…but for many years in the same style“. Denn auch wenn die Sounds teilweise ihre Wirkung erzielen, ist mir bewusst, weshalb viele Kritiker*innen dieses Werk eher verhalten bewertet haben: das gab es von Leftfield und anderen Genre-Vertretern der Electro-Szene eben auch früher in den Neunzigern schon. Wenn dann ein Bezug zur Gegenwart fehlt, dann ist das eben weit weniger beeindruckend. Ich bin deshalb auch eher „unterwältigt“ von diesem Album. Das haben verwandte Acts wie Orbital jüngst überzeugender und zeitgemäßer hinbekommen. Nun: was haltet ihr davon? Zieht es euch auf die Tanzfläche oder animiert es euch eher zum Rumstehen im Club? Ich bin gespannt auf eure Meinungen!

Note: 3,0

https://www.leftfieldmusic.com/ 

Little Simz – No Thank You

VÖ: 12.12.2022

Label: Forever Living Originals

Genre: Hip-Hop / Gospel / Funk / Electronica

Irgendwie schon ein beruhigendes Gefühl, dass sich im Hip-Hop immer wieder neue Artists beweisen und dem Genre nach wie vor mannigfaltige Ideen zu entlocken verstehen! Insbesondere die britischen Vertreter*innen gewinnen zurzeit nicht nur meine Aufmerksamkeit mit genialen Beats, wunderbaren Samples und Melodie-Spielereien sowie schlagkräftigen, punktgenauen und unmissverständlich positionierten Messages und Stellungnahmen zu gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Themen. Gibt ja auch einiges zu kommentieren zurzeit. 2 Künstlerinnen hebe ich da insbesondere hervor, die wirklich ganz zufällig im Jahr 1994 geboren wurden. Da wäre einerseits Loyle Carner, der ja vor kurzem das grandiose Hugo veröffentlichte, und andererseits Little Simz, die mich mit ihrem letzten Werk Sometimes I Might Be Introvert (2021) wahrlich umgehauen hat! So virtuos wurden Elemente in die Hip-Hop-Sounds eingearbeitet sowie absolut reflektiert Statements zu Gegenwartsthemen in der Gesellschaft und persönlichen Erfahrungen (insbesondere der eigenen Herkunft der 28-Jährigen) getroffen. Für mich ganz klar eines der Alben 2021! Nun ist es Little Simz tatsächlich gelungen, zum Ende diese Jahres erneut einen Favoriten für die höchsten Platzierungen in den Jahresendabrechnungen zu liefern. Das Wunderbare ist unter anderem, dass die Britin sich vorgeblich zurückhaltend gibt, nur um dann umso druckvoller ihre Messages zu positionieren, die so direkt und ehrlich mit den eigenen unschönen Erfahrungen im Musikbusiness, den mentalen Problemen, den Ungerechtigkeiten umgehen. Wie sich hier zudem die Streicher-Arrangements herausschälen und ihre Wirkung entfalten, das ist kurz und knapp einfach fantastisch!              

Note: 2,0 (mit Potential nach oben)

https://www.littlesimz.com/

Phoenix – Alpha Zulu

VÖ: 04.11.2022

Label: Glassnote

Genre: Pop-Rock / Synthie-/Indie-Pop

Einer meiner Lieblingsfilme beinhaltet – wie könnte es anders sein?!? – auch absolut großartige Musik. Sonst wäre er wohl auch nicht einer meiner Favoriten! Ich spreche von dem absolut grandiosen Lost In Translation. Allein die Szene mit Scarlett Johansson, die von Airs Alone In Kyoto untermalt wird, rührt mich immer wieder und in vollstem Umfang zu Tränen, genauso wie die sagenhaft schöne End-Szene, die mit Just Like Honey von The Jesus And Mary Chain begleitet wird! Der Soundtrack bietet einige großartige Acts auf. Regisseurin Sofia Coppola versteht es, die Musik in ihren Filmen genial in Einklang mit den Bildern einzusetzen. In besagtem Lost In Translation kommt ebenfalls die Band ihres Ehemanns zu ihren Ehren, Phoenix um Sänger Thomas Mars. Deren gefeaturte Song Too Young stammt aus dem Meister-Debüt United, das im Jahr 2000 erschien, also gerade zu einer Zeit, als aus unserem Nachbarland so viele fantastische Songs von Formationen wie Air, Cassius oder Daft Punk veröffentlicht wurden. Phoenix spielte Indie-Pop der edelsten und entspanntesten Sorte, der gleichzeitig Ecken und Kanten aufwies und unheimlich verspielt war. Darauf konnten sich viele Hörer*innen einigen und stellten sich dieses Album in ihr Regal. Ich persönlich konnte mich auch mit den Nachfolgern Alphabetical (2004), It’s Never Been Like That (2006) und vor allem dem hitverdächtigen und wieder schön experimentierfreudigen Wolfgang Amadeus Phoenix (2009) sehr gut „anfreunden“. In der letzten Dekade schien ein bisschen der Spirit verloren gegangen zu sein, doch nun scheint Album Nummer 7 – Alpha Zulu – jene musikalische Fokussierung und Leichtigkeit, die von mir so vermisst wurde, wieder gefunden zu haben. Dabei hat mir der Titelsong – auch erste Single – zunächst noch nicht so richtig gefallen. Doch auch hier kommen die Stärken von Phoenix zum Tragen, nämlich dass Songs von ihnen generell mit jedem weiteren Hören – wenn sich die vielschichtigen Arrangements entfalten – wachsen. Trotz dieser weitgehend fröhlich anmutenden Melodien ist aber nicht alles optimistisch gefärbt, zum Beispiel ist das Album inspiriert von und gewidmet an den 2019 verstorbenen Philippe Zdar (Cassius), der auch Produzent einiger Alben der Band war. Alpha Zulu ist ein absolut gelungenes und vielseitiges Werk (u.a. mit Vampire Weekends Ezra Koenig als Gast), das zeigt, dass Phoenix auch in diesem Jahrzehnt noch etwas zu sagen haben! Übrigens, der Song Identical ist Teil des Soundtracks von Coppolas letztem Film On The Rocks (2020)!  

Note: 2,3 (mit Potential nach oben)             

https://wearephoenix.com/

              

Loyle Carner – Hugo

VÖ: 21.10.2022

Label: EMI

Genre: Hip-Hop / Grime

Es kommt nicht selten hier in der „Kontrovers“-Sparte vor, dass ein Album sehr gut ist, aber einfach aufgrund der hohen Erwartungen, die ich dann anhand der grundlegend positiven Reviews, von vornherein an das Werk stelle, diesen nicht ganz so entsprechen kann. Das ist ja im Grunde nicht schlimm, aber oft für mich persönlich interessant…Okay, ich gebe zu, das sind hier genau dieselben Anfangszeilen wie in meiner Rezension zu Kendrick Lamars Mr. Morale & The Big Steppers in dieser Kategorie im letzten Mai. Jetzt könnte man sich vielleicht über mich fragen, was hat er denn mit den Platten von großen Hip-Hop-Künstler/innen? Aber erstens war ja meine Bewertung trotzdem hoch und zweitens hat das wirklich nur zufällig mit dem gleichen Genre zu tun. Das kann ich versprechen. Denn auch wenn ich damals Kendrick Lamars Meisterstreich To Pimp A Butterfly (2015) wohl auch aus objektiver Perspektive zu niedrig eingeschätzt habe, gibt es immer wieder herausragende Alben im Hip-Hop, natürlich auch heute noch. Das gilt auch für Loyle Carners Drittwerk Hugo, auf dem sich der 28-jährige Brite wieder so extrem gekonnt zu den gegenwärtigen sozio-politischen Themen positioniert und seine im Hip-Hop und Grime zentrierten Klänge mit zahlreichen weiteren Elementen (u.a. Jazz, Soul) würzt. Hier wird sich eindeutig gegen den Rassismus im eigenen Land sowie generell gerichtet, wobei natürlich auch die eigenen schicksalshaften persönlichen Erfahrungen aus der Kindheit und Jugend mit einfließen. Dies drückt sich alles in wirklich unheimlich starken Texten aus. Ich muss allerdings erneut sagen, dass ich noch nicht ganz mit den höchsten Lobeshymnen einiger Musikkritiker/innen mitgehe. Was sagt dies über mich aus? Ignoranz? Unwissenheit? Was sagt ihr zu dem Album? Ist es ein Meisterwerk? Oder eher nicht? Auf eure Meinungen bin ich gespannt!

Note: 2,0 (mit Potential nach oben)  

https://loylecarner.com/

  

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